Übertragung des Vogelgrippe-Virus H7N9 auch von Mensch zu Mensch möglich
20.04.2013
In China sorgt einer neuer Stamm der Vogelgrippe H7N9 für Aufregung. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) seien bislang 87 Menschen infiziert, von denen 17 starben. Täglich melden die chinesischen Behörden weitere Fälle. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass "bei dem neuen Vogelgrippe-Stamm auch eine Übertragung von Mensch zu Mensch möglich ist", so ein Sprecher der WHO. Bisher waren Experten lediglich von einer Ansteckung von Tier zu Mensch ausgegangen.
Übertragung der Vogelgrippe in „seltenen Fällen" von Mensch zu Mensch
Angaben der WHO zufolge, sei eine Übertragung des Vogelgrippe-Erregers H7N9 in „seltenen Fällen“ auch von Mensch zu Mensch möglich. Das hatten die Gesundheitsbehörden bisher für unwahrscheinlich gehalten. Bei früheren Fällen von Vogelgrippe sei die Ansteckung laut Experten auf den Kontakt mit Vögeln oder Geflügel zurückzuführen gewesen. Wie WHO-Sprecher Gregory Hartl berichtete, stünden die Infektionsfälle von zwei kleinen Kindern in Peking und drei Familien in Shanghai möglicherweise mit einer Mensch-zu-Mensch-Übertragung in Verbindung. Die Untersuchungen würden noch laufen. Hartl wies jedoch ausdrücklich darauf hin, dass "auch die Möglichkeit bestehe, dass sich die Familienmitglieder nicht untereinander sondern beim selben Vogel angesteckt hätten".
Bisher gelte H7N9 aber als ein Tiervirus, „das in wenigen Fällen auf Menschen überspringt", erklärte Michael O’Leary, Vertreter der WHO, gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“ in Peking. Demnach erwarte die WHO keine größere Übertragung zwischen Menschen. „Es ist nicht untypisch für diese Art von Viren, dass es in einigen wenigen Fällen auch eine Übertragung von Mensch zu Mensch gibt." Feng Zijian, Forscher am „Chinese Center for Disease Control and Prevention“ berichtete jedoch, dass sich rund 40 Prozent der Infizierten nicht daran erinnern könnten, in Kontakt mit Geflügel kommen zu sein.
Erfassung der Infektionen mit Vogelgrippe teilweise schwierig
Im „New England Journal of Medicine“, einem renommierte Fachmagazin, befassen sich zwei aktuelle Beiträge mit dem Vogelgrippe-Virus H7N9. Dabei wurden auch Bedenken über eine mögliche globalen Ausbreitung zum Ausdruck gebracht. Dr. Leo Poon, Associate Professor an der School of Public Health der University of Hong Kong, erklärte gegenüber dem Nachrichtensender „CNN“, dass die weitere Entwicklung maßgeblich davon abhänge, ob das Virus auch von Mensch zu Mensch übertragbar sei. Die Ansteckungswege müssten dringend geklärt werden.
Die Experten sehen vor allem die Infektionen eines Vierjährigen als bedenklich an, da der Junge keinerlei Symptome der Vogelgrippe gezeigt hatte. Das Virus wurde bei dem Kind lediglich im Rahmen einer Routineuntersuchung der Angehörigen von Betroffenen entdeckt. Sollte eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung der Vogelgrippe möglich sein, könnten unerkannte Träger des Virus diesen weitergeben, ohne davon zu wissen. Zudem kann eine symptomlose Vogelgrippe-Infektion nur schwer erfasst werden und lässt keine Aussagen über die H7N9-Ausbreitung zu.
17 Tote wegen Vogelgrippe H7N9
Die chinesischen Behörden berichteten erstmals vor rund drei Wochen von einem neuen Vogelgrippe-Erreger. Seit dem hätten sich laut WHO 87 Menschen mit dem Virus infiziert, wobei täglich neue Fälle hinzukämen. 17 Infizierte starben bislang.
Derzeit werden die Vogelgrippe-Fälle von einem internationalen Expertenteam der WHO in China untersucht, zu dem 15 Wissenschaftler gehören. Laut O’Leary seien darunter auch fünf Experten der chinesischen Gesundheitsbehörden. Die restlichen Wissenschaftler würden aus den USA, Europa, Australien und Hongkong kommen. Zudem seien fünf Gesundheitsexperten der WHO zugegen. Das Team soll eine Woche in China verbringen und dabei unter anderem Labore, Krankenhäuser und betroffene Regionen auf einer von der chinesischen Behörden vorbereiteten Route besuchen.
Die WHO lobte ausdrücklich den Umgang Chinas mit dem neuen Vogelgrippe-Erreger. Nachdem die chinesischen Behörden bei dem Ausbruch der Atemweg-Seuche Sars vor zehn Jahren erst öffentlich Stellung nahmen, als bereits Duzende Menschen an dem Erreger gestorben waren, seien sie jetzt viel besser vorbereitet. Damals fielen weltweit mehr als 800 Menschen der Lungenerkrankung zum Opfer. Rund 8.000 Infektionen wurden registriert.
Im Fall des neuen Vogelgrippe-Erregers setzen die chinesischen Behörden alles daran, den Ausbruch der Infektion einzudämmen. „Allem voran gibt es heute ein System, das bei ersten Symptomen Patienten auf den Erreger testet", erläuterte WHO-Vertreter Henk Bekedam gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“. Seit 2005 gebe es ein internationales Gesundheitsabkommen mit China und einigen Nachbarländern, das Regierungen zur Meldung von Infektionen verpflichtet. Zudem erlaubt das Abkommen der WHO, eigene Experten in die Länder zu schicken. Bekedam berichtete weiter, dass "China darüber hinaus verstärkt in den Ausbau eines Überwachungssystems für Infektionserkrankungen investiert habe. Ich bin sehr ermutigt von der Reaktion auf H7N9."
Hinter jedem Schnupfen könnte Vogelgrippe stecken
Zentrum des neuen Vogelgrippe-Ausbruchs ist die Stadt Shanghai, in der rund 23 Millionen Menschen leben, sowie die umliegende Region. Nachdem die Infektionskrankheit mittlerweile auch die Nachbarprovinzen Zhejiang, Anhui und Jiangsu und seit letzter Woche Peking erreicht hat, geht allmählich die Angst vor einer Epidemie um. Die Eröffnung der zehntägigen Shanghaier Automesse am kommenden Samstag, zu der Hunderttausende internationaler Besucher erwartet werden, fällt deshalb in eine ungünstige Zeit. Hinter jeder Erkältung und jedem Schnupfen steht der Verdacht auf Vogelgrippe. Doch die Menschen in Shanghai scheinen die neuen Vogelgrippe-Fälle gelassen zu nehmen. Nur wenige tragen die in China durchaus üblichen Gesichtsmasken zum Schutz vor der Infektion. Dennoch sind bereits Tourismuseinbußen zu verzeichnen wie chinesische Zeitungen berichten. So würden Touren ins Jangtse-Delta derzeit wesentlich seltener gebucht. Auch Reisebüros berichten von Stornierungen. Wie die Tourismusbehörden versichern, sei jedoch nicht mit Beeinträchtigungen des Besucherverkehrs zu rechnen. (sb)
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Bild: Aka / pixelio.de
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