Vorhofflimmern kann einen Schlaganfall auslösen
04.04.2012
Laut Experten ist Vorhofflimmern die häufigste Herzrhythmusstörung. Das Risiko, daran zu erkranken, nimmt mit dem Alter exponentiell zu. Viele Betroffene nehmen das Flimmern jedoch nicht einmal war. Deshalb empfehlen Kardiologen Vorsorgeuntersuchen durchführen zu lassen, denn Vorhofflimmern begünstig folgenschwere Schlaganfälle.
Häufig geht Vorhofflimmern mit anderen Herzerkrankungen einher
Betroffene berichten von plötzlicher Atemnot, aufsteigender Hitze im Kopf und einem Druckgefühl in der Brust. Hinzu kommt unangenehmes, beängstigendes Herzrasen. Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung, unter der etwa eine Million Deutsche leiden. Was viele Betroffene nicht wissen – ihr Schlaganfall-Risiko erhöht sich dadurch drastisch.
„Das Risiko, an Vorhofflimmern zu erkranken, steigt mit dem Alter exponentiell an“, erklärt Professor Andreas Götte vom Kompetenznetz Vorhofflimmern. Er geht davon aus, dass sich die Zahl der Betroffenen innerhalb der nächsten 20 Jahre verdreifacht. In der Altersgruppe der über 60-Jährigen seien rund vier Prozent von Vorhofflimmern betroffen. Bei den über 80-Jährigen litten schon zwischen 20 und 25 Prozent daran, berichtet Götte.
Der Hauptrisikofaktor ist demnach das Alter. Hinzu kommen Vorerkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes oder einer Schilddrüsenüberfunktion, die die Wahrscheinlichkeit, an Vorhofflimmern zu erkranken, ebenfalls stark erhöhen. In vielen Fällen geht die Herzrhythmusschwäche mit anderen grundlegenden Erkrankungen des Herzens einher. „Vorhofflimmern ist sozusagen eine Abnutzungserkrankung", erklärt Professor Thomas Meinertz von der Deutschen Herzstiftung in Frankfurt.
Herz-Flimmern tritt in unregelmäßigen Episoden auf
Bei Vorhofflimmern können beide Herzvorhöfe nicht mehr ihre eigentliche Funktion erfüllen. Sie ziehen sich nicht mehr regelmäßig zusammen, sondern flimmern nur noch. Deshalb müssen die Herzkammern mehr arbeiten. Das verursacht bei Betroffenen häufig das Gefühl, dass ihr Herz unregelmäßig und zu schnell schlägt. Doch ein Großteil der Patienten nimmt das Vorhofflimmern nicht einmal wahr. „Vorhofflimmern geht im Alter mit geringerer Kammerfrequenz einher und wird deswegen seltener bemerkt", berichtet Meinertz. Da die Vorhöfe normalerweise rund ein Viertel der gesamten Herzleistungen übernehmen, ist dies sehr gefährlich. Besonderns Menschen mit einem schwächeren Herzen sind auf funktionierende Vorhöfe angewiesen. „Wer über 60 Jahre alt ist und zur Risikogruppe gehört, sollte regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen machen", rät Meinertz. „Vorübergehendes oder paroxysmales Vorhofflimmern kann irgendwann zum dauerhaften Vorhofflimmern werden", fügt Heribert Brück vom Bundesverband Niedergelassener Kardiologen in München hinzu.
Dann ist das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, sehr hoch. Kann das Blut im Vorhof nicht mehr zirkulieren, gerinnt es. Die kleinen Gerinnsel können sich lösen und zum Gehirn wandern. Ein daraus resultierender Schlaganfall hat eine besonders schlechte Heilungsprognose, erklärt Brück.
Elektroschocks und Medikamente gegen Herz-Flimmern
Mit einer Therapie soll für einen regelmäßigen Herzschlag gesorgt werden und die Entstehung von Blutgerinnseln verhindert werden. Zur Behandlung der Herzrhythmusstörungen werden in erster Line Medikamente eingesetzt. „Auch mit Elektroschocks kann das Herz wieder in Schwung gebracht werden", berichtet Professor Sigmund Silber, Vorsitzender des Berufsverbandes der Fachärzte für Kardiologie in freier Praxis. Das sei in 95 Prozent der Fälle erfolgreich. Zudem müsse unbedingt an den Ursachen gearbeitet werden. So sei ein sehr gut eingestellter Blutdruck notwendig. Gegen die Blutgerinnung erhalten Patienten ebenfalls Medikamente. Eine sogenannte Katheterablation wird erst durchgeführt, wenn die anderen Therapien ausgeschöpft sind. Bei dem Eingriff werden die Bereiche der Vorhöfe verödet, die das Flimmern verursachen. „Die Katheterablation ist ein komplizierter Eingriff, der aber sehr hohe Erfolgsquoten von mehr als 80 Prozent hat", erklärt Götte.
Auch Meinertz selbst litt 20 Jahre lang unter Vorhofflimmern und unterzog sich währenddessen dreimal einer Ablation. Seit mehr als sechs Jahren ist er beschwerdefrei. „Vorhofflimmern ist ein Problem, aber man kann es beheben", sagt er aus eigener Erfahrung. Ein normales Leben sei auch mit Vorhofflimmern möglich, sofern keine andere Herzkrankheit vorliege.
Deutsche Herzstiftung rät über 75-Jährigen zu Gerinnungshemmern
Unter Berufung auf die Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologe berichtet die Deutsche Herzstiftung in Frankfurt am Main, dass Vorhofflimmern durch die Einnahme gerinnungshemmender Medikamente maßgeblich reduziert werden kann. Meinertz berichtet, dass jährlich rund 30.000 Schlaganfälle durch Vorhofflimmern verursacht werden. Etwa die Hälfte würden bei Patienten im Alter über 75 Jahren auftreten. Diese Patientengruppe trage das höchste Risiko für Embolien und Schlaganfälle, bei der aber gleichzeitig der größte Nutzen durch die Gerinnungshemmung zu erzielen sei.
Die vorbeugende Einnahme von gerinnungshemmenden Medikamenten, ist jedoch auch bei den Risikopatienten mit bekannter Vorerkrankung nicht ganz unproblematisch. Denn die Präparate haben zum Teil erhebliche Nebenwirkungen. Dazu gehören beispielsweise leichtere Blutungen mit Blutergussbildung (Hämatom). Diese sind jedoch meistens harmlos, können aber auch zu einem schwerwiegenden gesundheitlichen Risiko werden, wenn Patienten aus den ableitenden Harnwegen oder im Magen bluten. In solchen Fällen müssen Ärzte umgehend Gegenmaßnahmen ergreifen, um das Leben des Patienten nicht zu gefährden. Die vorbeugende Behandlung mit Gerinnungshemmern ist demnach gut abzuwägen. (ag)
Lesen Sie zum Thema:
Pradaxa Schlaganfall-Medikament kann tödlich sein
Todesfälle durch Schlaganfall Medikament Pradaxa?
Gerinnungshemmer schützen vor Schlaganfällen
Mund-zu-Mund-Beatmung bei Herzrhythmusstörungen?
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.