Mehr Unfälle und Schlafstörungen durch Zeitumstellung
26.03.2011
Heute Nacht ist es soweit: Die Uhr wird um 2.00 Uhr um eine Stunde auf 3.00 Uhr vorgestellt. Mit der Zeitumstellung beginnt die Sommerzeit. Seit dem die Umstellung von Winter- und Sommerzeit im Jahre 1980 eingeführt wurde, wird die Zeitverschiebung von allen Seiten immer wieder kritisiert. Befürworter argumentieren, die Einführung konnte in der Vergangenheit Energie sparen, weil durch das längere Tageslicht weniger Strom verbraucht werden musste. Kritiker bemängeln, dass durch die Zeitumstellung erhebliche gesundheitliche Probleme für eine Vielzahl von Menschen entstehen, da der Biorhythmus empfindlich gestört wird. Automobilclubs sagen, durch die Zeitverstellung ist ein messbares erhöhtes Unfallrisiko zu beobachten. Viele Menschen leiden nämlich während der Eingewöhnungsphase unter Konzentrationsschwierigkeiten, Reizbarkeit und Schwindel. Ausgelöst werden die Symptome zumeist bei Patienten, die sowieso schon unter Schlafstörungen leiden.
Umstellung von Sommer- und Winterzeit seit 31 Jahren
Seit 31 Jahren werden die Uhren in Deutschland jeweils auf die Sommer- und Winterzeit umgestellt. Seit der Einführung streiten sich Experten verschiedener Fachrichtungen über den Sinn und Unsinn dieser Maßnahme. Für die Verschiebung muss ein hoher Aufwand betrieben werden, der nach Meinung einzelner Forscher aber kaum einen Nutzen erbringt. Allein bei der Deutschen Bundesbahn müssen insgesamt 120.000 Uhren umgestellt werden. Damit das reibungslos passiert, wird von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig ein Impuls gesendet, der auch gleichzeitig alle Funkuhren in Privathaushalten auf die Sommerliche Zeit einstellt.
Energiesparen durch Zeitumstellung?
Befürworter argumentieren, die zweimalige Zeitumstellung pro Jahr erbringt eine Energieersparnis, weil Industrie und Bevölkerung durch das längere Tageslicht später künstlich erzeugtes Licht einschalten müssen und demnach das natürliche Tageslicht voll ausgeschöpft werden kann. Zudem begünstige „künstliches Licht“ zahlreiche Krankheitsrisiken, die hierdurch minimiert werden. Wissenschaftler der US-Amerikanischen Universität Ohio hatten während einer Studie heraus gefunden, dass künstliche Lichtquellen das Risiko von Übergewicht um 50 Prozent erhöht. Durch das Übergewicht werden wiederum Herz- und Kreislauf Erkrankungen begünstigt. Doch reichen diese Argumente aus, um die Zeitumstellung weiterhin zu betreiben?
Gegner der Zeitumstellung sagen, die Verschiebung der Zeit erbringe überhaupt keinen bzw. nur einen sehr geringen Energiesparenden Effekt. Unterlegt wird die Kritik mit einer französischen und bulgarischen Studie aus den Jahren 2004 und 2005. In beiden Studien, die unabhängig voneinander durchgeführt wurden, zeigte sich nur ein nur sehr geringer Einspareffekt. Gerade einmal um 0,01 (Bulgarien) bzw. 0,014 (Frankreich) konnte der Energieverbrauch reduziert werden. Nach den Studienergebnissen teilte auch das Bundesumweltministerium mit, dass durch die Zeitumstellung keine Energie gespart werden kann. „Die Menschen schalten zwar am Abend früher das Licht aus, dafür heizen sie in den Wintermonaten um so länger. Daher hebt sich beides gegenseitig auf.“ Umweltschützer gehen sogar noch einen Schritt weiter: „Durch das subjektiv längere Tageslicht sind die Menschen am Abend auch länger mit dem Auto unterwegs.“ Dadurch wird durch die Sommerzeit sogar noch mehr Energie verbraucht, so das Argument.
Schlaf-Wach-Rhythmus wird gestört
Aber wie wirkt sich die künstlich herbei geführte Zeitumstellung auf den menschlichen Organismus aus? Die meisten Menschen bemerken, dass sie ab Beginn der Sommerzeit in den folgenden Tagen und Wochen eine Stunde früher aufwachen, als sonst. Bei den einen ist dieser Aufwacheffekt nach einigen Tagen wieder verschwunden, andere, die sowieso schon unter Schlafstörungen leiden, erleben die Umstellung oftmals als einzige Qual. Durch das längere Tageslicht fällt es schwerer am Abend einzuschlafen und am Morgen wachen viele dafür früher auf. Die Folge: Chronische Müdigkeit, Gereiztheit und zum Teil Beschwerden des Magen-Darm-Trakts wie Bauchschmerzen oder Durchfall. Der Schlafforscher und Professor an der Universität Regensburg, Peter Zulley, erklärt die Ursache gegenüber dem „Hamburger Abendblatt“ wie folgt: "Unsere innere Uhr möchte eigentlich, dass wir später aufstehen und später ins Bett gehen. Bei der Umstellung auf die Sommerzeit ist aber das Gegenteil der Fall." Der Tiefschlaf, der in den ersten Stunden der Schlafenszeit stattfindet, wird durch die Zeitumstellung nicht beeinflusst. Beim nachfolgenden Leichtschlaf sowie Traumschlaf sieht die Sache ganz anders aus. Durch die fehlende Stunde ist der Puls und Blutdruck am Morgen noch niedrig, denn die innere Uhr im Gehirn schüttet weiterhin noch Schlafhormone aus. Sogenannte Wachmacher-Hormone sind zu mindestens in der ersten Eingewöhnungsphase noch nicht oder nur kaum aktiv. Das Aufstehen fällt daher deutlich schwerer, viele Menschen fühlen sich Unausgeschlafen.
Mini-Jetlag als Folge
Da die meisten Menschen aufgrund beruflicher oder familiärer Verpflichtungen am Montag aber nicht einfach eine Stunde länger schlafen können, erleben viele einen „Mini-Jetlag“. Das kann mehrere Wochen andauern, sagt der Schlafforscher. Laut einer Umfrage der Krankenkasse DAK hat jeder vierte Bundesbürger Probleme, sich an die neue Zeit zu gewöhnen. Etwa 21 Prozent der Befragten gaben an, unter fortwährender Müdigkeit am Tage zu leiden. „Nach 10 bis 14 Tagen hat sich der Mensch in der Regel an den neuen Rhythmus gewöhnt und das gewohnte Allgemeinbefinden kehrt zurück.“ sagt der Heilpraktiker Andre Tonak.
Auf die Sommerzeit vorbereiten vermindert Symptome
Der Schlafforscher Zulley empfiehlt, sich rechtzeitig auf die Umstellung der Zeit vorzubereiten. Es würde beispielsweise Sinn machen, am Sonntag nach der Zeitumstellung eine halbe Stunde früher aufzustehen. Das Mittagessen am Samstag und am Sonntag sollte um etwa eine halbe Stunde vorverlegt werden. Dadurch erhält der Biorhythmus die Möglichkeit, sich auf den veränderten Schlaf-Wach-Rhythmus einzustellen.
Erhöhte Unfallgefahr am Montag
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden ist die Unfallgefahr in den ersten Tagen nach der Umstellung auf die Sommerzeit besonders hoch. Eine Auswertung der Unfallstatistik hatte unlängst ergeben, dass bis zu 29 Prozent mehr Unfälle passieren, als im Vergleich zum Vormonat März. Allerdings ist ein Zusammenhang nicht eindeutig bewiesen. Kritiker behaupten, dass erhöhte Unfallgeschehen könnte auch mit dem Umstand zusammenhängen, dass im Sommer einfach mehr Autos und Motorräder unterwegs sind. Auch der Einfluss der Tiere könnte eine Rolle spielen. Denn Tiere orientieren sich nicht nach der Zeiteinteilung des Menschen, sondern am Sonnenstand. Dadurch komme es möglicherweise zu vermehrten Unfällen durch Kollisionen, weil der Verkehr für die Tiere zeitlich verschoben ist. Automobilclubs raten daher dazu, als Vorsichtsmaßnahme die Uhr im Auto schon am Samstag um eine Stunde zurück zustellen, damit man sich am Montag auf die neue Zeitrechnung bereits gewöhnt hat. Zudem sollte man sich auf eine erhöhte Aufmerksamkeit einstellen und wenn möglich zunächst auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen.
Warum wird das Zeitgesetz nicht geändert?
Wenn die Zeitumstellung eigentlich nur Nachteile und fast keine Vorteile bringt, warum wird das Zeitgesetz nicht einfach wieder abgeschafft? Die Politik begründet das mit dem Binnenmarkt in der EU. Denn dort werden die Uhren gemeinschaftlich von allen Ländern umgestellt. Ein Alleingang wäre aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht möglich. Daher halte man weiterhin an der Winter- und Sommerzeit fest. Erst wenn alle EU-Staaten beschließen würden, das alte Zeitgesetz wieder einzuführen, wäre man zu einem Umdenken bereit. Eine Initiative im EU-Parlament gibt es aber nicht, so dass sich Bürger auch weiterhin auf die Unannehmlichkeiten der Zeitumstellung einstellen müssen. (sb)
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Bild: Simone Hainz / pixelio.de
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