Chronische Durchblutungsstörungen
Chronische Durchblutungsstörungen können auftreten, wenn ein Gefäß verengt oder verstopft ist. Vor allem ältere Menschen leiden an chronischen Durchblutungsstörungen, da die Gefäße mit zunehmendem Alter an Elastizität verlieren.
Eine ungehinderte Durchblutung ist wichtig, da die Gewebe und Organe durch das Blut mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden. Wird der Blutfluss behindert, wird das dahinter liegende Gewebe folglich nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Der Zustand der Minderdurchblutung oder dem vollständigen Durchblutungsausfall von Gewebe oder Organen wird als Ischämie bezeichnet. Während das Gehirn nur wenige Minuten ohne Sauerstoff überleben kann, können Nieren und Leber wenige Stunden überleben. Das ruhende (also beispielsweise bei einer Herzoperation künstlich stillgelegte) Herz übersteht den Sauerstoffmangel sogar über einen Zeitraum von mehreren Stunden. Eine Ischämie kann jedoch bei andauernder Unterversorgung zum Absterben von Zellen führen und beispielsweise einen lebensbedrohlichen Herzinfarkt oder Niereninfarkt verursachen.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Wenn der Blutfluss in einem Bereich des Gefäßsystems eingeschränkt oder blockiert wird, leidet der Betroffene an Durchblutungsstörungen. Diese können akut (plötzlich) auftretenden oder sich chronisch (sehr langsam) entwickeln. Durchblutungsstörungen können an jeder Stelle des Körpers auftreten. Häufig kommt es vor allem in den Beinen, seltener in den Arme oder Organen zu chronischen Durchblutungsstörungen. Männer sind häufiger betroffen als Frauen.
Chronischen Durchblutungsstörungen können zahlreiche Ursachen zugrunde liegen. Häufig ist eine fortschreitende Arteriosklerose („Arterienverkalkung“) Auslöser der Beschwerden. Gefäßverschlüsse (Embolien), Gefäßentzündungen (Vaskulitiden), Bildung von Blutgerinnseln in der Arterie, zu niedriger Blutdruck (arterielle Hypotonie) sowie Gefäßspasmen (Krämpfe der Muskulatur der Blutgefäße) können neben weiteren Ursachen ebenfalls zu Durchblutungsstörungen führen.
Symptom chronische Durchblutungsstörungen
Treten Durchblutungsstörungen akut auf, kommt es binnen weniger Minuten zu heftigen Symptomen. Sind beispielsweise die Extremitäten von der Unterversorgung betroffen, kann der Sauerstoffmangel unter anderem zu Pulsverlust, Schmerzen, Blässe, Sensibilitätsverlusten und Taubheitsgefühlen, Lähmungen und Schock führen. Meist entwickeln dich Durchblutungsstörungen jedoch langsam (chronisch), so dass über einen längeren Zeitraum keine Symptome auftreten. Die Beschwerden zeigen sich häufig erst, wenn bereits eine ernsthafte Erkrankung vorliegt.
Als Hauptursache von chronischen Durchblutungsstörungen gilt die umgangssprachlich als „Arterienverkalkung“ bezeichnete Arteriosklerose. Dabei kommt es zu Ablagerungen an den Innenseiten der Gefäße, die das Blut vom Herzen weg transportieren (Arterien). Nach und nach verringert sich auf diese Weise der Arteriendurchmesser, bis es schließlich zur vollständigen Verstopfung der betroffenen Stelle kommt. Es wird angenommen, dass kleinste Verletzungen an der Gefäßinnenwand dafür verantwortlich sind, dass die Immunabwehr des Körpers einsetzt und komplizierte biochemische Prozesse anstößt. Dadurch werden Blutzellen, Bindegewebe, Blutfette und auch Kalk als sogenannte Plaques abgelagert. Meist treten die Ablagerungen an Stellen des Gefäßsystems auf, an denen die gleichförmige Strömung des Blutes gestört wird und sich Gefäße verzweigen. Da der Körper lange Zeit in der Lage ist, ausgleichend auf arteriosklerotische Verschlüsse zu reagieren, können zunächst die umliegenden kleineren Blutgefäße die Funktion der verengten Arterie übernehmen und sogenannte Umgehungskreisläufe ausbilden. Erst wenn die Arteriosklerose bereits sehr weit fortgeschritten ist, treten bei Betroffenen Beschwerden auf, die auf chronische Durchblutungsstörungen hinweisen.
Eine weitere häufige Ursache von Durchblutungsstörungen stellen Embolien dar. Dabei verstopft mit dem Blut eingeschwemmtes Material meist ein enges Gefäß. Der „Gefäßstopfen“ kann unter anderem aus einem Blutgerinnsel (Thrombose), Fetttropfen, Luftblasen oder auch Teilen eines Tumors bestehen. Sein Entstehungsort kann weit von der Stelle der Gefäßverstopfung entfernt sein.
Seltener sind Gefäßentzündungen Ursache von Durchblutungsstörungen. Dann führen meist autoimmunologische Prozesse zu den Beschwerden, bei denen sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper richtet.
Durchblutungsstörungen der Arme, Beine und Finger
Die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK), manchmal auch als chronische arterielle Verschlusskrankheit (AVK) bezeichnet, umfasst ein Krankheitsbild, bei dem Betroffene an chronischen Durchblutungsstörungen in den Extremitäten leiden. Häufig sind die Beine betroffen. Zu den Beschwerden, die vom Stadium der Erkrankung abhängen, gehören unter anderem starke Schmerzen, so dass Betroffene häufig bereits nach wenigen Metern stehen bleiben müssen, bevor sie weitergehen können. Umgangssprachlich wird die Erkrankung deshalb auch als „Schaufensterkrankheit“ bezeichnet, da durch die häufigen Gehpausen der Eindruck eines Schaufensterbummels vermittelt wird.
Ursache der pAVK ist eine Stenose (Einengung) oder Okklusion (Verschluss) der für die für die Versorgung der Extremitäten zuständigen Arterien. Auch die Hauptschlagader kann – wenn auch selten – betroffen sein. Meist geht der pAVK eine Arteriosklerose voraus, deren Beschwerden von Beschwerdefreiheit über leichte Gehschwierigkeiten bis hin zu einer amputationspflichtigen Gewebenekrose reichen.
Während Betroffene zunächst keine Beschwerden aufgrund der Gefäßveränderungen haben, treten diese jedoch im weiteren Verlauf der Erkrankung vor allem unter Belastung wie dem Gehen auf und lassen in Ruhe wieder nach. Schreitet die Verschlusskrankheit weiter fort, machen sich die zum Teil starken Schmerzen auch im Ruhezustand, beim Liegen und dem Hochlagern der Beine bemerkbar. Viele Betroffene haben im Sitzen durch die verbesserte Durchblutung weniger Beschwerden aufgrund der Schwerkraft. Im letzten Krankheitsstadium treten bereits Gewebeschäden auf, die beispielsweise zum sogenannten Raucherbein führen können.
Ein anderes Krankheitsbild, das mit Durchblutungsstörungen einhergeht, ist das Raynaud-Syndrom (Morbus Raynaud). Dabei verkrampfen sich die Gefäße der Finger oder Zehen durch äußere Einwirkungen wie Kälte oder Stress. Zunächst erscheinen die betroffenen Stellen weiß, danach bläulich und schließlich rötlich, wenn sie wieder durchblutet werden. Nur selten klagen die meist weiblichen Betroffenen über Schmerzen. Durchblutungsstörungen der Finger können jedoch auch Hinweise auf andere Erkrankungen geben wie unter anderem Autoimmunerkrankungen, bei denen die Immunabwehr körpereigenes Gewebe angreift.
Durchblutungsstörungen der Organe
Auch die Organe können von chronischen Durchblutungsstörungen betroffen sein. Wird der Herzmuskel infolge verengter Herzkranzgefäße (Koronararterien) nicht mehr ausreichend durchblutet, liegt eine koronare Herzerkrankung vor. Aufgrund des daraus resultierenden Sauerstoffmangels leiden Betroffene zudem an dem Gefühl einer „Brustenge“ sowie Brustschmerzen (Angina pectoris). Meist verschwinden die Schmerzen nach wenigen Minuten entweder von allein oder nach der Einnahme eines Nitro-Präparats. Halten die Schmerzen jedoch an, kann das ein Hinweis auf einen Herzinfarkt sein. Die koronare Herzerkrankung gilt in Industrieländern als Todesursache Nummer eins. Beim Verdacht auf eine Minderdurchblutung des Herzmuskels oder entsprechenden Symptomen sollte umgehend ein Arzt konsultiert werden.
Auch die Arterien des Darms können verengt oder verschlossen sein, so dass sich im Rahmen einer Viszeralarterien-Insuffizienz chronische Durchblutungsstörungen entwickeln können. Betroffene klagen häufig über Bauchschmerzen nach dem Essen. Zudem führen die Beschwerden zu Appetitlosigkeit, so dass die Patienten rasch Gewicht verlieren (Angina intestinalis). Seltener kann ein akuter Verschluss durch ein Blutgerinnsel entstehen, der lebensbedrohlich ist. Neben Bauschmerzen treten dann meist auch Übelkeit und Erbrechen sowie erste Anzeichen eines Schocks auf. Im weiteren Verlauf bessern sich häufig die Symptome, jedoch verschlechtert sich der Allgemeinzustand des Patienten bis es schließlich zur Darmlähmung und einer Bauchfellentzündung kommt. Das Darmgewebe stirbt ab.
Risikofaktoren
Zu den Risikofaktoren für Durchblutungsstörungen gehören Bluthochdruck, Übergewicht, Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), Fettstoffwechselstörungen beziehungsweise erhöhte Blutfettwerte, Rauchen und Bewegungsmangel. Wenn keine Grunderkrankung vorliegt, sind Durchblutungsstörungen meist auf einen ungesunden Lebensstil zurückzuführen. Deshalb ist es wenig verwunderlich, dass Durchblutungsstörungen vor allem in Industrieländern weit verbreitet sind, in denen sowohl eine fettreiche Ernährungsweise als auch Nikotinkonsum häufig zu den alltäglichen Gewohnheiten gehören. Fehlt es zudem an sportlichen Aktivitäten, leiden viele an der Volkskrankheit.
Um Durchblutungsstörungen vorzubeugen, raten Mediziner zu Nikotinverzicht und ausreichend Bewegung. Ebenso ist eine ausgewogene, gesunde Ernährung, wie beispielsweise die mediterrane Kost, empfehlenswert. Als durchblutungsfördernde Lebensmittel gelten unter anderem Knoblauch, Ingwer, Granatapfel und fettreicher Fisch wie Lachs und Makrele.
Diagnose
Eine erste, vorläufige Diagnose von chronischen Durchblutungsstörungen ist häufig bereits im Rahmen der ersten Untersuchung möglich, da meist typische Symptome auftreten. Der Arzt stellt zunächst Fragen zur Krankengeschichte sowie zum Auftreten der Beschwerden. Anschließend kommen verschiedene Untersuchungen zur Stellung einer differenzierten Diagnose in Frage. So kann eine Blutdruckmessung an beiden Armen auf eine Gefäßveränderung hinweisen, sollten die Werte deutlich voneinander abweichen. Des Weiteren können sogenannte Provokationstest durchgeführt werden, bei denen der Arzt anhand von Bewegungsprüfungen testet, ob sich die Durchblutungsstörungen bei bestimmten Bewegungen oder Belastungen hervorrufen lassen. Auf diese Weise können beispielsweise Aussagen zum Schweregrad getroffen werden.
Bei der Dopplersonographie, die ebenfalls bei Durchblutungsstörungen der Extremitäten Anwendung findet, wird der systolische Blutdruck an beiden Knöcheln und Oberarmen gemessen, nachdem der Patient zuvor 15 Minuten geruht hat. Anhand des sogenannten Knöchel-Arm-Index (Doppler-Index) kann der Arzt ablesen, ob eine Durchblutungsstörung vorliegt. In ähnlicher Weise wird auch die Oszillographie mittels Puls-Volumen-Kurven zur Diagnosestellung herangezogen.
Steht bereits fest, dass die Behandlung der Durchblutungsstörungen durch einen operativen Eingriff erfolgt, kann eine Angiographie durchgeführt werden, bei der die betroffenen Arterien genauer untersucht werden können. Die Untersuchung kann jedoch Nebenwirkungen wie Nachblutungen haben. Darüber hinaus können weitere Untersuchungen notwendig sein.
Behandlungsoptionen
Prinzipiell sollten Durchblutungsstörungen ärztlich untersucht werden. Bei einem akuten Gefäßverschluss muss umgehend gehandelt werden, da das Leben des Patienten bedroht sein kann wie beispielsweise bei einem Herzinfarkt.
Bei Durchblutungsstörungen erfolgt die Therapie ursacheabhängig meist mit Medikamenten. Sogenannte Thrombozytenaggregationshemmer verbessern die Fließeigenschaft des Blutes. Mit Prostaglandinen, die gefäßerweiternd wirken, kann ebenfalls die Durchblutung unterstützt werden. Darüber hinaus können Medikamente zum Einsatz kommen, mit denen relativ frische Gerinnsel aufgelöst werden können. Nicht zuletzt können auch schmerzlindernde Mittel für Menschen mit Durchblutungsstörungen notwendig sein.
In einigen Fälle ist eine Operation unausweichlich, beispielsweise wenn bereits Teile Darms bei einem Verschluss der Darmarterien abgestorben sind. Zu den leichteren Eingriffen, die meist unter örtlicher Betäubung durchgeführt werden, gehört das operative Entfernen eines Blutpfrofes. Es kann auch notwendig sein, in einer Operation die Ablagerungen aus einem verstopften Gefäß zu entfernen oder einen „Bypass“ zu legen. Bei starken Durchblutungsstörungen der Arme und Beine kann unter Umständen die Amputation notwendig sein wie beispielsweise beim Raucherbein.
Naturheilkunde bei Durchblutungsstörungen
Häufig können Störungen der Durchblutung aber auch ergänzend mit Maßnahmen zur Anregung der Durchblutung behandelt werden. In Frage kommen hier unter anderem Bewegungstherapie und Kneipp-Anwendungen, die oft sehr wirkungsvoll sind. Zur Schmerzlinderung eignet sich gegebenenfalls Akupunktur. Aus dem Bereich der kneippschen Hydrotherapie hat sich beispielsweise das Wechselarmbad bewährt. Hierfür benötigen Sie zwei große Schüsseln bzw. Wannen (oder ein zweigeteiltes Waschbecken), die Sie je einmal mit mindestens 36 Grad warmem und unter 18 Grad kaltem Wasser befüllen. Nun setzen Sie sich hin und halten die Arme zuerst fünf Minuten in das warme Becken, dann zehn Sekunden in das kalte. Anschließend wiederholen Sie den Ablauf einmal. Nach der Anwendung werden die Arme abgestreift und leicht bewegt, um sie wieder zu erwärmen.
In der Anfangsphase von Durchblutungsstörungen kann Homöopathie erfolgversprechend sein. Abhängig von den Beschwerden kommen dabei unter anderem Abrotanum, (Eberraute), Tabacum (Tabak), Espeletia grandiflora, Secale cornutum (Mutterkorn) und Kreosotum (Buchenholzteer) zum Einsatz. Sehr hilfreich bei Problemen mit der Durchblutung können außerdem pflanzliche Arzneien mit Extrakten der Rosskastanie sein. (ag)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Erwin Deutsch; Herbert Ehringer: Durchblutungsstörungen, Messmethodik und Pharmakotherapie (Raubasin): internationales Symposium 5. bis 7. Dezember 1968, Schattauer, 1970
- Bernd L. P. Luther: Intestinale Durchblutungsstörungen, Steinkopff Verlag, 2001
- P. Gerhardt Scheurlen: Differentialdiagnose in der Inneren Medizin, Springer-Verlag, 2013
- Cem Cetin; Iris Baumgartner: "Die periphere arterielle Verschlusskrankheit", in: Schweizerisches Medizin-Forum, Volume 4, 2004, medicalforum.ch
- Pschyrembel Online: www.pschyrembel.de (Abruf: 20.08.2019), Durchblutungsstörung
- K. Witte; C. Haller: "Arteriosklerose und Durchblutungsstörungen", in: Pharmakotherapie, Springer, 2004, Springer Link
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.