Neues Testverfahren kann unnötige Chemotherapien bei Brustkrebs vermeiden
31.05.2012
Brustkrebs ist die häufigste Krebsform bei Frauen und wird bis heute in standardmäßig mit einer Kombination aus Operationen, Strahlen- und Chemotherapie behandelt. Doch eine Chemotherapie schadet laut aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen vielen Patientinnen mehr, als sie tatsächlich nutzt, berichtet der „Norddeutsche Rundfunk“ (NDR).
Chemotherapie nicht immer Mittel der Wahl
Angesichts der Nebenwirkungen der Chemotherapie ist eine Anwendung bei zahlreichen Brustkrebspatientinnen eher kontraproduktiv und führt im Zweifelsfall zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes. Dem „NDR“ zufolge hat die verbesserte Früherkennung dazu geführt, das die Mammakarzinome (Brustkrebs) „heute oft bereits in einem sehr frühen Stadium entdeckt werden“. Eine Chemotherapie ist nach aktuellen Forschungsstand allerdings erst medizinisch sinnvoll, wenn der Tumor bereits in die Lymphknoten gestreut hat. Trotzdem erhalten die meisten Patientinnen eine Art vorbeugender Chemotherapie, auch wenn der Krebstumor bereits im Frühstadium entdeckt und operativ entfernt wurde.
Brustkrebs häufigste Tumorerkrankung bei Frauen
In den westlichen Industrienationen ist Brustkrebs laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die häufigste Todesursache bei Frauen im Alter zwischen dreißig und sechzig Jahren. Die Anzahl der Diagnosen hat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich erhöht, während die Sterblichkeit jedoch zurückgegangen ist. Heute werden in Deutschland jährlich mehr als 70.000 Neuerkrankungen registriert, knapp 18.000 Patientinnen verstreben an den Folgen ihrer Erkrankung. Jede achte Frau in Deutschland erkrankt einmal in ihrem Leben an Brustkrebs. In den letzte Jahrzehnten hat sich die Früherkennung nicht zuletzt aufgrund des umfassenden Mammographiescreening und der verbesserten Diagnoseverfahren deutlich verbessert, was zur Folge hat, dass die Tumore heute oft bereits in einem sehr frühen Stadium entdeckt werden. Dabei stellte sich für Krebsexperten weltweit die Frage, ob die bisherige Behandlung mit operativem Eingriff, anschließender mehrwöchiger Bestrahlung und Chemotherapie, noch den Erfordernissen entspricht. Zwar können auf Basis dieser Behandlung zwei Drittel der Patientinnen geheilt werden, doch möglicherweise hat die Chemotherapie keinen entscheidenden Einfluss auf die Heilungserfolge bei Brustkrebs im Frühstadium.
Chemotherapie erst sinnvoll, wenn Krebs gestreut hat
Neuere Studien kommen zu dem Ergebnis, dass die Risiko-Nutzen-Abwägung eine Chemotherapie nur bei Brustkrebs rechtfertigt, wenn dieser auch in die Lymphknoten gestreut hat. Entgegen diesen Erkenntnissen wird in der Praxis jedoch den meisten Patientinnen auch bei Brustkrebs im Frühstadium eine vorbeugende Chemotherapie empfohlen. Die Schwierigkeit liegt in der Einschätzung des Risikos der Metastasenbildung, so dass oft pauschal auf die Chemotherapie zurückgegriffen wird. Um diesen Missstand zu beheben, arbeiten Forscher weltweit an neuen Testverfahren, mit denen sich das Risiko eines Befalls der Lymphknoten feststellen lässt. Wie der „NDR“ berichtet, nutzen die Wissenschaftler dabei das „Eiweiß uPA (Urokinase-Typ Plasminogen Aktivator) und dessen Gegenspieler PAI-1 (Plasminogen Aktivator Inhibitor 1)“ zur Bestimmung des Risikos der Metastasenbildung. Die Proteine können anhand einer Gewebeprobe überprüft werden, welche bei der operativen Entfernung des Tumors entnommen wird, so die Aussage der Experten im Interview mit dem „NDR“. Ein niedriger uPA/PAI-1-Anteil im Tumorgewebe, lasse darauf schließen, dass ein niedriges Rückfallrisiko für die Patientinnen besteht.
Den betroffenen Brustkrebspatientinnen mit geringem Rückfallrisiko könne „eine psychisch und physisch belastende begleitende Chemotherapie erspart bleiben, ohne das Risiko, erneut zu erkranken, zu erhöhen“, so die Aussage in dem „NDR“-Bericht. Allerdings muss die Gewebeprobe bereits im Rahmen der Operation entnommen werden und im Nachhinein ist diese Möglichkeit der Risikoabschätzung nicht mehr anwendbar. Zwar fällt der Test bislang nicht unter den Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenkassen, doch einige Versicherungen übernehmen schon heute die Kosten in Höhe von rund 300,- Euro.
Onkotype DX Testverfahren zur Ermittlung des Krebs-Rückfallrisikos
Ein weiterer Ansatz zur Ermittlung des Krebs-Rückfallrisikos wird in der ADAPT-Studie verfolgt. Diese soll künftig dabei helfen, die Therapien von Brustkrebspatientinnen zu optimieren und unnötige Chemotherapien zu vermeiden. Hierzu werden in ganz Deutschland rund 4000 Probandinnen zwischen 18 und 75 mit einem hormonrezeptorpositiven Brustkrebs ohne Lymphknotenbefall untersucht. Das individuelle Brustkrebs- Rückfallrisiko wird über die Analyse von 21 Genen aus einer Gewebeprobe ermittelt. Danach werden die Proben in einer US-Amerikanisches Labor versandt. Wird ein geringes Risiko ermitteln, kann auf eine Chemotherapie unter Umständen verzichtet werden, wie Prof. Dr. Tjoung-Won Park-Simon, stellvertretende Direktorin der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Bereichsleiterin Gynäkologische Onkologie gegenüber dem NDR-Magazin berichtet. Das Verfahren wird nicht nur im Hamburger Jerusalem Krankenhaus angeboten, sondern auch in anderen Kliniken Deutschlands. Der Test mit der Bezeichnung Onkotype DX wird allerdings nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, sondern muss je nach Jahreseinkommen der Patientinnen selbst bezahlt werden. Das Testverfahren kostet zwischen 150 und 300 Euro. (fp)
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