Helfen Würmer bei chronischen Darmkrankheiten? In einem Experiment verschluckte ein Patient Darmwürmer. Tatsächlich linderten sich nach einigen Monaten die Colitis ulcerosa Beschwerden.
02.12.2010
Können Wurmeier dabei helfen, Darmbeschwerden zu lindern? Ein 34 Jähriger Mann leidet unter einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (Colitis ulcerosa) und hat eine ungewöhnlichen Selbstversuch unternommen: Er schluckte Wurmeier und anscheinend hat die Therapie funktioniert und den Gesundheitszustand des Patienten deutlich verbessert. Doch Mediziner raten dringend davon ab, diese Selbsttherapie nachzuahmen, die Würmer könnten dem Darm erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügen.
Wurmeier gegen chronische Darmerkrankung
Wissenschaftler der University School of Medicine in New York berichten derzeit im Wissenschaftsmagazin „Science Translational Medicine“ von einem ungewöhnlichen Experiment. Ein Patient hat Wurmeier des Peitschenwurms geschluckt, um seine chronische Darmerkrankung zu therapieren. Vorausgegangen waren Beobachtungen des Wissenschaftsteams um P’nG Loke, wonach die Darmkrankheit Colitis ulcerosa in Ländern wesentlich seltener auftritt, in denen Wurminfektionen weit verbreitet sind. Andere Studien wiesen außerdem daraufhin, dass Würmer durchaus Entzündungen stoppen und mindern können.
Für das medizinische Experiment schluckte der Patient freiwillig Eier des Peitschenwurms (Trichuris trichiura). Im Studienverlauf untersuchten die Wissenschaftler die Blutwerte und das Gewebe des 34-Jährigen. Die Untersuchungen fanden vor und nach dem Konsum der Würmer statt. Tatsächlich verbesserte sich nach einigen Monaten der gesundheitliche Zustand des Patienten. Die Forscher fanden heraus, dass sich durch den Wurminfekt Immunabwehrzellen im Körper des Patienten vermehrt hatten. Insbesondere hatte sich Eiweiß „Interleukin 22“ zahlreich gebildet. Das Eiweiß ist u.a. für die Stabilisierung und Heilung der Schleimhäute verantwortlich. Die Forscher vermuten, dass durch die Wurminfektion die Immunabwehr vermehrt Abwehrzellen gebildet hat, um die Schleimhäute zu stärken und den Wurm zu absorbieren. Andere Experten vermuten, dass die Würmer wohl möglich selbst wirksame Substanzen absondern. In Tierexperimenten konnte bereits nachgewiesen werden, dass durch die Methode Beschwerden von Autoimmunerkrankungen (zum Beispiel Asthma) gelindert werden konnten.
Forscher raten davon ab, die Behandlung nachzuahmen
Trotz des momentan erfolgreichen Verlaufs der alternativen Behandlungsform raten Forscher davon ab, dass Experiment nachzuahmen. Denn auch von den Würmer selbst gehen gesundheitliche Gefahren aus. "Das Problem ist, dass diese Würmer dem Darm selbst leichte oder schwere Schäden zufügen können.", schreiben die Studienautoren. Derzeit sei noch völlig unklar, bei welchem Patienten die Therapie hilft und wie der weitere Krankheitsverlauf ist. Um zukünftig das Risiko für Patienten zu mindern, wollen die Forscher nun damit beginnen, mit Würmer zu experimentieren, die normalerweise weniger gefährlich für den Menschen sind. Dazu gehören Würmer, die eher Schweine befallen und für den Menschen beinahe ungefährlich sind. Schweinewürmer sterben im menschlichen Körper innerhalb von 14 Tagen ab und können nicht auf andere Menschen übertragen werden.
Colitis ulcerosa ist eine chronische Darmerkrankung
Die Colitis ulcerosa ist eine chronische Darmerkrankung die zu vielfachen Entzündungen führt. Zumeist sind der Mastdarm und der Dickdarm betroffen. Anders als bei der chronisch verlaufenden Morbus Chron Erkrankung breitet sich die Entzündung vom Mastdarm kontinuierlich aus. Hierdurch entstehen häufig kleinere und größere Geschwüre im Darm, die mit Hilfe von Medikamenten und chirurgischen Eingriffen entfernt werden müssen. Die Betroffenen leiden häufigen unter Durchfall, Blähungen und starken bis Akute Bauchschmerzen. Neben den Symptomen treten u.a. auch Begleiterkrankungen wie Spondylitis, Sakroiliitis oder Osteoporose auf. Nach Angaben der Deutschen Morbus Crohn/Colitis ulcerosa Gesellschaft sind in Deutschland rund 168.000 Menschen betroffen. Die genauen Ursachen der Krankheit sind bis heute noch ungeklärt.
Therapieformen der Naturheilkunde
Neben konventionellen Behandlungen existieren auch eine Reihe von Therapieformen aus dem Bereich der Naturheilkunde. So kann die Einnahme von Myrrhe Entzündungen hemmen. Neben der reinen Myrrhe stehen auch Präparate zur Verfügung, die geschmacklich neutral sind, da Myrrhe sehr bitter schmeckt. Eine weitere Möglichkeit ist die Einnahme von Lecithin. In einigen Studien konnte bereits nachgewiesen, dass die Darmschleimhaut von Erkrankten weniger Körpereigenes Lecithin enthält, als bei Gesunden. Damit das Lecithin auch den betroffenen Dickdarm erreicht, werden Magensaft resistente Arzneien verabreicht. Allerdings ist diese Therapieform noch nicht anerkannt, da diese erst weiter erforscht werden muss.
Einen wesentlichen Beitrag kann auch eine Umstellung der Ernährung bieten. Insbesondere als hilfreich haben sich Nahrungsmittel erwiesen, die Entzündungen hemmen können. Hierzu gehören Lebensmittel, die viel Omega 3 Fettsäuren enthalten. In einigen Studien konnte zudem beobachtet werden, dass anthocyanhaltige Blaubeeren Beschwerden etwas lindern können. Ein Weglassen oder Einschränken von einigen, vor allem aggressiven Entzündungs-fördernden Nahrungsmitteln, hat ebenfalls bei vielen Patienten zu einer Linderung beigetragen. Betroffenen sollten daher eine Ernährungsberatung aufsuchen, um entsprechende Lebensmittel auszuschließen, ohne an einem Nährstoffmangel zu leiden. (sb)
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Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.