Anschreiben der Krankenkassen zur Abfrage der Organspendenbereitschaft
04.03.2012
Die Organspenden in Deutschland reichen bei weitem nicht aus, um alle Bedürftigen mit einem Spenderorgan zu versorgen. Tatsächlich wären nach Einschätzung der Experten weit mehr Menschen zu einer Organspende bereit, es fehlt jedoch an schriftlichen Erklärungen, die eine entsprechende Organentnahme nach dem Tod ermöglichen.
Daher hat die Bundesregierung sich dazu entschieden, die Bereitschaft zur Organspende bei allen Deutschen regelmäßig abzufragen. Alle Bürgerinnen und Bürger erhalten in Zukunft ein Anschreiben, in dem sie „ja“ oder „nein“ ankreuzen können, um ihre Einstellung zu einer möglichen Organentnahme festzuhalten. Ein Zwang zur Stellungnahme besteht jedoch nicht. Wer heute noch keine Entscheidung treffen will, kann das Anschreiben einfach unbeantwortet lassen. Mit Hilfe der Abfrage hofft die Bundesregierung die Organspendenbereitschaft möglichst kurzfristig deutlich zu erhöhen, um dem bestehenden Mangel entgegenzuwirken.
Anschreiben soll Bereitschaft zur Organspende abfragen
Bereits seit längerem besteht Einigkeit in der Politik, dass eine regelmäßige Abfrage der Organspendenbereitschaft erfolgen sollte. Nun haben sich die Fachpolitiker aller Parteien auf ein gemeinsamen Antrag zur Gesetzesänderung geeinigt, demnach die gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen alle erwachsenen Mitglieder schriftlich zu ihrer Organspendenbereitschaft befragen sollen. Voraussichtlich im Sommer wird auf Basis des Gruppenantrags ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Von da an muss sich jede/r Deutsche mit dem Thema auseinandersetzen, was nach Hoffnung der Politiker bereits zu einer deutlichen Erhöhung der Spendenbereitschaft führen könnte. Die zu geringe Zahl der Organspenden solle mit dem neuen Gesetzt kurzfristig deutlich erhöht werden, so die Aussage aus den Reihen der Politik. In dem Anschreiben wird für eine Organspende geworben und die Versicherten könne mit „Ja“ ihre Bereitschaft zur Organentnahme nach ihrem Tod erklären oder diese mit „Nein“ ablehnen. Auch soll die Möglichkeit bestehen, die Bereitschaft zur Spende spezieller Organe zum Ausdruck zu bringen, ohne eine generelle Organentnahme zu gestatten. Des weiteren können bestimmte Organe auch ausdrücklich ausgeschlossen werden. Eine Bestätigung der Organspendenbereitschaft wird wie bisher auf einem einem Organspendeausweis schriftlich festgehalten. Wer unentschlossen ist oder das Anschreiben aus anderen Gründen nicht beantworten möchte, kann dies einfach unbeachtet lassen. Ein Zwang zur Stellungnahme ist nicht vorgesehen.
Steigerung der Organspendenbereitschaft
Nachdem sich die Parlamentarier auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt haben, sollen nun möglichst zeitnah die ersten Schritte umgesetzt werden. Bis Mitte 2013 könnten demnach die ersten Anschreiben raus geschickt werden. Von Mitte 2015 an ist alle zwei Jahre ein entsprechendes Anschreiben vorgesehen. Damit hat das bisherige Verfahren zur Erklärung der Organspendenbereitschaft ein Ende. Dies basierte im wesentlichen auf der Eigeninitiative von Personen, die zu einer Entnahme ihrer Organe nach ihrem Tod bereit waren. Zwar konnte jede/r in einem Organspendeausweis seine Einstellung dokumentieren, doch wurde dieser ausschließlich auf eigenen Antrag ausgestellt. Dies hatte zur Folge, dass viele, die eigentlich zu einer Spende bereit waren, ihre Organspendenbereitschaft nirgendwo festgehalten haben. Umfragen haben dabei ergeben, das knapp 70 Prozent der Deutschen keine Einwände gegen eine Organentnahme nach ihrem Tod hätten, doch lediglich 20 Prozent verfügen über einen Organspendeausweis. Mit dem regelmäßigen Anschreiben der Versicherten hoffen die Politiker nun, diese Lücke zu schließen und die Zahl der Organspenden deutlich zu erhöhen. Diese hatte zuletzt im Jahr 2011 einen deutlichen Einbruch (minus 7,4 Prozent) erlitten, nachdem im Jahr 2010 – auch aufgrund der medialen Aufmerksamkeit durch die Nierenspende von Frank Walter Steinmeier (SPD-Fraktionsvorsitzender im Bundestag) für seine Frau – der bisherige Rekordwert bei den Organspenden erreicht wurde. Im vergangenen Jahr lag die Zahl der Spender laut Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation bei rund 1.200 Personen.
12.000 Patienten warten auf ein Spenderorgan
Die Organspendenbereitschaft soll den aktuellen Planungen zufolge nicht nur in einem Organspendeausweis sondern auch auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert werden können, so die Planung der Politik. Um das Verfahren möglichst einfach zu halten, soll den Versicherten auch die Möglichkeit gegeben werden, an den entsprechenden Terminals zum Beispiel beim Arzt aus eigener Initiative eine Organspendenbereitschaft zu dokumentieren. Bei Beantwortung des Anschreiben würde dies von den Krankenkasse übernommen. Wie wichtig die Organspenden für die potenziellen Empfänger sind, brachte der Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) in der aktuellen Debatte noch einmal zum Ausdruck. „Jeder Organspender ist ein Lebensretter“, betonte Bahr unter Hinweis auf die rund 12.000 Patienten, die derzeit noch auf den Wartelisten für ein Spenderorgan stehen. Die Sprecherin der Grünen Bundestagsfraktion für Pflegepolitik erklärte, ihrer Partei sei es besonders „wichtig, dass mit der Post die Diskussion auch in die Familien getragen wird.“ Die Sprecher der CDU (Jens Spahn) und SPD (Carola Reimann) zeigten sich zuversichtlich, mit dem Gesetz die Bereitschaft zur Organspende spürbar zu erhöhen, nicht zuletzt weil die Menschen deutlich öfter mit dem Thema Organspende konfrontiert würden.
Änderung des Transplantationsgesetzes
Noch entscheidenderen Einfluss auf die Bereitschaft zur Organspende als die aktuellen Beschlüsse dürfte jedoch die Änderung des sogenannte Transplantationsgesetzes haben, welche nur noch den Bundestag passieren muss. Dabei soll die Bereitschaft in den Kliniken und Krankenhäusern zur Unterstützung von Organspenden nachhaltig erhöht werden. In der Vergangenheit hatten deutlich zu wenige Kliniken im Ernstfall Kontakt mit der zuständigen Koordinierungsstelle aufgenommen, auch weil zu wenig Anreize für die Krankenhäuser bestehen, sich an der Organspende zu beteiligen, so bereits vor Jahren die Kritik des Deutschen Ethikrats. (fp)
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Autoren- und Quelleninformationen
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