Experten erwarten PKV Beitragserhöhungen im zweistelligen Bereich
07.08.2012
Wieder einmal werden zahlreiche Private Krankenversicherungen ihre Tarifbeiträge zum Jahresende erhöhen. Trotz der begünstigten Reformen seitens der schwarz-gelben Bundesregierung wird auch das Jahr 2012 kein ertragreiches Jahr für die PKV Branche werden. Wie Insider des „Versicherungsjournal“ berichten, haben bereits einige Privatversicherungen angekündigt, einige Tarife im zweistelligen Bereich anzupassen. Ein Tarif wird sogar um 65 Prozent nach oben korrigiert.
Vor allem Neukunden haben das Nachsehen
Immer mehr Versicherte, die sich von billigen Neukunden-Angeboten locken lassen, haben das Nachsehen. Eben jene Verträge erleben Jahr für Jahr starke Tarifanpassungen. Während die gesetzlichen Krankenkassen Milliardenüberschüsse produzieren und gute Vertragsabschlüsse mit den Kliniken, Pharmazeutischen Herstellern und Ärzten aushandeln konnten, haben die Privaten Krankenversicherungen oft das Nachsehen. Der demografische Wandel, die steigende Ausgabenseite bei den Gesundheitsleistungen und die niedrigen Zinsen bei den Altersrückstellungen bringen die PKV immer mehr in die Bredouille. Obwohl einige Unternehmen behaupten, von „stabilen Beiträgen“ auszugehen, wird doch den meisten Anbietern nichts anderes übrig bleiben, als die Tarife erneut zum Jahreswechsel zu erhöhen. Denn nicht ein Versicherungskonzern gibt zum heutigen Zeitpunkt eine Garantie für einen stabilen Beitrag ab, obwohl die Kalkulationen für das kommende Jahr bereits abgeschlossen sein dürften. Zudem verwundert es, dass die Mehrheit der Anbieter zwar bei den Lebensversicherungen fortlaufend positive Prognosen abgeben, aber den privaten Krankenversicherungen sich dezent mit Veröffentlichungen zurückhalten.
Die schwarz-gelbe Bundesregierung hatte im Zuge der Gesundheitsreform den Wechsel von der Gesetzlichen in die Private stark vereinfacht. Damit sollte das Neukunden-Geschäft belebt werden. In der Tat konnte die Branche starke Zuwächse verzeichnen. Am stärksten war der Zuwachs bei den sogenannten Lockangeboten zu beobachten. Doch eben jene Tarife werden naturgemäß am stärksten verteuert. Sven Teuerich, Versicherungsexperte aus Celle: „Wer einmal von der GKV in die PKV gewechselt hat, für den ist der Weg für immer versperrt“. Bei steigenden Tarifen bleibt den Betroffenen meist nur noch die Reduzierung der Leistungen. „Denn wer den Anbieter wechseln will, kann zum einen die Altersrückstellungen nicht mitnehmen und zum anderen muss er sich einer erneuten Gesundheitsüberprüfung unterziehen“. Meistens können dann keine günstigeren Verträge abgeschlossen werden. Was vielfach bleibt, ist nur der Wechsel in den nächst günstigeren Tarif innerhalb des Anbieters. Doch eine Untersuchung zeigte unlängst, dass die „First-Class-Versorgung“ meist nur „Schall und Rauch“ ist. Denn vielfach weisen viele Tarife massive Leistungslücken auf und bieten weniger als die gesetzlichen Krankenkassen. Da bleibt nicht selten die Frage, an welcher Stelle noch zu sparen ist?
Ältere Privatversicherte können kaum noch Beiträge zahlen
Doch nicht nur die Neukunden haben vielfach das Nachsehen. Bereits im letzten Jahr hatten vor allem die älteren Kunden das Nachsehen. Hier stiegen die Beiträge verschiedener Anbieter nicht selten um 10 bis 20 Prozent. Wer dann nur über eine geringe Rente verfügt, rutscht schnell in die Armut, weil sich die Beiträge anders als bei der GKV nicht am Einkommen, sondern am Tarif orientieren. Nicht selten müssen nämlich privatversicherte Senioren ein bis zwei Drittel ihrer Einkünfte für die Private Krankenversicherung ausgeben. So ist es auch kein Wunder, dass die PKV selbst beklagt, dass immer mehr Versicherte ihre Beiträge nicht zahlen können. Für sie gibt es bereits ein Modell namens „Nichtzahler“. Dann nämlich werden nur noch akute Notfallversorgungen finanziert. Eine Situation, von denen nicht wenige Menschen betroffen sind.
Preissteigerungen von bis zu 65 Prozent
Und auch in diesem Jahr wird die Preisschraube bei vielen Unternehmen wieder kräftig gedreht. So deuten einige Experten an, dass zum Beispiel die Hallesche Krankenversicherung in der Spitze Prämien um satte 65 Prozent (Kinder- und Jugendtarif NK4) anheben will. Daneben wird wohl auch die Central ihre Prämien erhöhen. Bis jetzt, heißt es, sollen die Erhöhungen noch im einstelligen Bereich verbleiben. Zusätzlich sollen die Selbstbehalte nach oben hin angepasst werden. Nicht umsonst wächst daher die Kritik gegenüber der PKV. (sb)
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