Leistungsansprüche in der PKV oft geringer als in der GKV
13.06.2012
Einer aktuellen Studie zufolge sind die Leistungen in der Privaten Krankenversicherung (PKV) oftmals schlechter als bei den Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV). Während die Autoren der Studie von teilweisem Marktversagen sprechen, betonte der PKV-Verbandsdirektor Volker Leienbach gegenüber dem Radiosender „MDR INFO“, dass alle Tarife der privaten Kassen den Mindestversicherungsschutz erfüllen.
In der Gemeinschaftsstudie des Kieler Instituts für Mikrodaten-Analyse (IfMDA) und der Frankfurter Beratungsfirma PremiumCircle Deutschland GmbH werden gravierende Mängel bei dem Versicherungsschutz in zahlreichen PKV-Tarifen deutlich. Nicht selten enthalten die Verträge existenzielle Leistungsausschlüsse im Krankheitsfall, so das Ergebnis der aktuellen Untersuchung. Damit verliert einer der bislang stets angeführten Vorteile der PKV seine Gültigkeit. Die Leistungsansprüche in der PKV sind keineswegs generell umfassender als bei der GKV.
80 Prozent der PKV Tarifsysteme mit geringerem Versicherungsschutz als die GKV
Im Rahmen der aktuellen Untersuchung hatten die Experten des Kieler Instituts für Mikrodaten-Analyse und der Frankfurter Beratungsfirma PremiumCircle 208 Tarifsysteme von 32 Privaten Krankenkassen überprüft. Aus den 1.567 Kombinationen bezüglich der abgesicherten Leistungen sowie der verschiedenen Alters- und Geschlechtskombinationen ergäben sich 250.000 unterschiedliche Preise, berichten die Studienautoren. In vielen Privattarifen bestanden laut Aussage der Studie erhebliche Lücken beim Versicherungsschutz und die Versicherten hatten geringere Leistungsansprüche als in der GKV. Im Krankheitsfall würden existenzielle Leistungen oftmals nicht übernommen. „Da der Vertriebsmarkt häufiger provisionsorientiert und seltener kundenorientiert arbeitet, werden im Ergebnis PKV-Billigtarife und andere PKV-Tarife mit teilweise existenziellen Leistungsausschlüssen im Krankheitsfall verkauft“, so die gemeinsame Pressemitteilung der PremiumCircle Deutschland GmbH und des IfMDA. Unter Berufung auf die Aussage des PremiumCircle-Geschäftsführers Claus-Dieter Gorr hatte „Der Spiegel“ bereits im Vorfeld berichtete, dass mehr als 80 Prozent der Tarifsysteme der PKV weniger als die gesetzliche Krankenversicherung leisten. Als Beispiele für die Schlechterstellung der Privatversicherten nannten die Studienautoren die fehlenden Ansprüche auf Anschlussbehandlungen oder Psychotherapien.
Provisionsexzesse und Marktversagen bei der PKV
Laut Aussage der Studie ist „eine grundlegende Neuordnung des Vertriebsmarktes und auch der Provisionen“ bei der PKV „unumgänglich“, wenn den "aktuellen Fehlentwicklungen Einhalt geboten" werden soll. So müssten laut Aussage der Experten "die Provisionen für die Markler bei Abschluss neuer Verträge auf vier Monatsbeiträge gesenkt", die "Dienstleistungsvergütungen streng reguliert" und überwacht und "Bestandsbetreuungsprovisionen von bis zu sechs Prozent umgesetzt" werden. „Die Ausgestaltung der Leistungskataloge und der Vertriebsmarkt haben sich in den letzten 20 Jahren wegen fehlender politischer Leitplanken verselbstständigt“, kritisierte Claus-Dieter Gorr. Die mangelnden staatlichen Vorgaben haben laut Aussage des PremiumCircle-Chefs in einigen Bereichen der PKV zu Marktversagen geführt. „Zur Korrektur sind transparente Pflichtangaben über den jeweils versicherten Leistungskatalog sowie Mindestkriterien als Richtschnur für Versicherungsbedingungen umzusetzen und Provisionsexzesse zu beenden“, so Claus-Dieter Gorr weiter.
Auch die GKV offenbart Schwächen
Doch nicht nur die PKV offenbart in der aktuellen Studie erhebliche Schwächen, auch die GKV kann nicht umfassend überzeugen. Zwar stehen die gesetzlichen Krankenkassen mit einem voraussichtlichen Überschuss von 6,46 Milliarden Euro zum Ende 2012 verhältnismäßig gut dar, trotzdem habe sich der „Generationenkonflikt zwischen Rentnern und Erwerbstätigen seit Mitte der 1960er Jahre signifikant verschärft“, berichten die Studienautoren über eines der Probleme bei der GKV. Auch sei die „GKV in ihrer bestehenden Struktur ein System ohne Nachhaltigkeitsperspektive und ohne Selbstheilungskräfte, da in den letzten 50 Jahren vor allem Gesundheitsbürokratie-Mechanismen ausgebaut wurden“, bemängeln das IfMDA und die Beratungsfirma "PremiumCircle". Letztendlich herrsche in der GKV Staatsversagen, Wettbewerb finde nur auf dem Papier statt. Der Leiter des IfMDA, Dr. Thomas Drabinski, betonte, dass die Gesetzgebung „seit Jahrzehnten das Rentnerproblem in der GKV verdrängt“ habe „und die immer weiter steigenden Lasten unter dem Deckmantel des Generationenvertrags den Erwerbstätigen aufgebürdet“ wurden. Hier sei eine grundlegende Reform der GKV unabdingbar, „damit aus dem GKV-Solidarprinzip kein struktur-zerstörendes Element wird“, so das Fazit von Dr. Thomas Drabinski. (fp)
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