Antibiotika im Babyalter erhöhen das Risiko für Übergewicht
24.08.2012
Wenn Babys vor dem sechsten Lebensmonat mit Antibiotika behandelt werden, führt das im Alter von drei Jahren zu einem erhöhten Risiko für Übergewicht. Zu diesem Ergebnis kamen der Mikrobiologe Martin Blaser von der New York University School of Medicine und sein Team in zwei großen Studien. Demnach besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der Einnahme von Antibiotika und Übergewicht.
Antibiotika vor dem sechsten Lebensmonat steigern Risiko für Übergewicht um 22 Prozent
Im Rahmen der ersten Studie analysierten Balser und sein Team mehr als 11.000 Daten von Kindern, um herauszufinden, ob diese im Alter von bis zu 5 Monaten, zwischen dem 6. und 14. Monat oder dem 15. und 23. Monat mit Antibiotika behandelt wurden. Gleichzeitig wurden auch das Körpergewicht und die Größe der Kinder zu verschiedenen Zeitpunkten erfasst.
Bei der Auswertung der Daten kamen die Forscher zu einem eindeutigen Ergebnis: Kinder, die vor ihrem sechsten Lebensmonat Antibiotika einnehmen, haben ein um 22 Prozent erhöhtes Risiko, im Alter zwischen zehn Monaten und drei Jahren übergewichtig zu werden. Wurden die Antibiotika zu einem späteren Zeitpunkt verabreicht, war laut Forschern kein Zusammenhang feststellbar. Die Studienergebnisse zeigten jedoch nicht, dass Antibiotika das Gewicht erhöhten, sie zeigten lediglich einen Zusammen, erklären die Forscher.
„Obwohl die Auswirkungen einer frühen Einnahme auf individueller Ebene gering sind, könnten sie erhebliche Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung haben. Angesichts der Prävalenz von Antibiotika-Gaben für Säuglinge sowie der zunehmenden Besorgnis über die Fettleibigkeit von Kindern sind weitere Studien erforderlich, um die Folgen einzugrenzen und die Auswirkungen der Lebensweise bezogen auf das Körpergewicht und das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen zu definieren“, schreiben die Forscher. Übergewicht habe weltweit etwa zeitgleich mit dem Einsatz von Antibiotika zugenommen. Es bestehe möglicherweise ein Zusammenhang zwischen dem unverhältnismäßigen Einsatz der Medikamente in der Tierzucht und aus medizinischen Gründen. Die Studie ist im Fachmagazin „International Journal of Obsedity“ erschienen.
Antibiotika verändern den Stoffwechsel
Wie die Einnahme von Antibiotika zu Übergewicht führt, konnte Balser in einer zweiten Studie belegen. Dafür untersuchte er mit seinem Team die Darmflora und den Stoffwechsel von Mäusen, die Antibiotika erhielten. Dabei stellten sie fest, dass das Medikament so starke Veränderungen herbeiführte, dass die Mäuse im späteren Verlauf ihres Lebens deutlich mehr Fett einlagerten als unbehandelte Tiere. Dieser Effekt wird beispielsweise in der Tiermast bewusst eingesetzt.
Während die Zahl der Bakterien in der Darmflora der Mäuse trotz des Antibiotikums konstant blieb, verschoben sich die Zahlen der verschiedenen Mikrobenarten. Auch einige Schlüsselgene für die Umwandlung von Kohlenhydraten in Fettsäuren veränderten sich. Zudem wurden auffällige Leberwerte bezüglich der Verarbeitung von Cholesterin und Fettsäuren bei den behandelten Mäusen gemessen.
Durch die Einnahme von Antibiotika kommt es zu Veränderungen der Darmflora und des Stoffwechsels, so dass mehr Nährstoffe aus der Nahrung gewonnen und somit dem Körper auch mehr Kalorien zugeführt werden. In einer "frühen Lebensphase eines Kindes könnte so ungewollt die Grundlage für späteres Übergewicht geschaffen werden", so die Forscher. (ag)
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Wichtiger Hinweis:
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