Hunderttausende Versicherte zahlen ihren Beiträge nicht
04.04.2013
Bundesweit verzeichnen die Krankenkassen aktuell Rekordausfälle aufgrund ausstehender Beitragszahlungen, denn Hunderttausende Versicherte kommen mit ihren Zahlungen nicht nach. Allein im Jahr 2012 stiegen die Gesamtrückstände laut einer Übersicht des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) von 1,53 Milliarden Euro auf 2,15 Milliarden Euro an. Von dieser aktuellen Summe seien jedoch dem Bericht des GKV nach 1,27 Milliarden Euro als „befristet niedergeschlagen“ einzustufen, das heißt in diesen Fällen wird die Einziehung der ausstehenden Beiträge ausgesetzt, da aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners vorübergehend nur geringe Erfolgsaussichten bestehen – in Hinblick auf die restlichen 872 Millionen Euro an ausstehenden Mitgliedsbeiträgen würden die säumigen Zahler jedoch aktuell seitens der Kassen zur Zahlung aufgefordert. Betroffen sind hier häufig die so genannten „Selbstzahler“, wobei es sich in den meisten Fällen um freiberuflich Tätige handelt, deren Beiträge nicht wie bei Angestellten automatisch vom Arbeitgeber gezahlt werden.
Steigende Anzahl säumiger Versicherter auch bei Krankenkassen im Saarland
Auch die Kassen im Saarland sehen sich mit eine steigenden Anzahl an säumigen Versicherten konfrontiert – allein bei der IKK Südwest stieg die Summe der ausstehenden Zahlungen von 5,6 Millionen Euro im Jahr 2009 auf 7,2 Millionen Euro im Jahr 2012 an. Angesichts dieser Situation könne laut Presssprecher Roland Spengler bezweifelt werden, „ob die aktuellen Pläne zur Minderung der Zinslast das Problem auf Dauer beheben können“, stattdessen sollte über Lösungen nachgedacht werden, wie „man Beiträge so gestalten und die Menschen so finanziell ausstatten könne, dass sie in der Lage seien, ihre Beiträge zahlen zu können.“ Denn seit der Einführung der allgemeinen Versicherungspflicht im Jahr 2007 könnten viele Selbstständige ihre Beiträge nicht mehr zahlen.
Barmer bleibt verschont von massivem Anstieg
Auch die Barmer GEK im Saarland hat mit säumigem Zahlern zu kämpfen – in aktuell 723 Fällen würden insgesamt etwa 4,3 Millionen Euro zusammen kommen, so die Angaben der Pressesprecherin. Bundesweit bestehe die Gruppe betroffener Versicherter der Barmer GEK relativ konstant aus rund 52.000 Personen mit aktuellen Beitragsrückständen von derzeit insgesamt 310 Millionen Euro (Vergleich 2012: 228 Millionen Euro). Von einer „Explosion der Fälle“ wie sie andere Kassen zum Teil erleben, sei die Barmer jedoch bisher verschont geblieben, so der Pressesprecher der GEK Südwest Claus Uebel.
Politik reagiert auf Rekordausfälle mit Gesetzesentwurf
Nach Zahlen des Spitzenverbands der gesetzlichen Kassen schulden die Beitragszahler allen Kassen zusammen mittlerweile rund sieben Milliarden Euro – Zeit für einen Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP), der in der kommenden Woche dem Bundeskabinett vorgestellt werden soll. Zentrale Idee des geplanten Gesetzes sei, „dass der derzeit geltende Säumniszuschlag von fünf Prozent im Monat drastisch gesenkt wird. Die Zinsen sollen für säumige gesetzlich Versicherte künftig noch ein Prozent pro Monat betragen“, so die Mitteilung des GKV.
Auch für Privatversicherte könnte dies aus Sicht der Koalition neue Regeln bedeuten – säumige Zahler sollen demnach in einen „Notlagentarif“ überführt werden: „Die Versicherung soll dann nur noch die Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzen sowie Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft abdecken“, so der GKV weiter.
Mahnverfahren bei offenen Zahlungen
Denn wer seinen Beitragszahlungen nicht nachkommt, wird momentan seitens der Kassen relativ zügig in die Pflicht gebeten: Dabei werden offene Zahlungen zunächst beim Versicherten angemahnt, bei ausbleibender Reaktion über einen längeren Zeitraum hinweg wird der Fall den Behörden übergeben und ein Gerichtsvollzieher mit der Eintreibung der offenen Forderungen beauftragt, wobei auch in diesem Fall der Versicherungsschutz grundsätzlich weiterhin besteht. (nr)
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