Hexenschuss – akuter Schmerz am Rücken
Die umgangssprachliche Bezeichnung Hexenschuss steht für plötzlich auftretende akute Rückenschmerzen (meist im Bereich der Lendenwirbelsäule), die oftmals mit erheblichen Bewegungsbeeinträchtigungen verbunden sind. In der Regel verschwinden die Beschwerden genau so plötzlich, wie sie aufgetreten sind, was vermutlich auch zur Begriffsbildung beigetragen hat. Der akute Rückenschmerz wurde in der mittelalterlichen Gesellschaft auf den Pfeilschuss beziehungsweise Zauberspruch eines magischen Wesens wie zum Beispiel einer Hexe zurückgeführt.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Ein Hexenschuss beschreibt die medizinischen Beschwerdebilder des sogenannten Ischiassyndroms (Ischialgie) und des Lumbalsyndroms (Lumboischialgie). In der Fachwelt wird der Hexenschuss auch als Lumbago bezeichnet.
Ursachen
Während Rückenschmerzen beziehungsweise Kreuzschmerzen zahlreiche Ursachen haben können, sind die möglichen Auslöser für einen Hexenschuss eher begrenzt. Am häufigsten werden Kompressionen (Quetschungen) des Ischiasnervs genannt. Verspannungen der Muskulatur, Verschiebungen der Wirbelkörper oder der Bandscheiben führen zu Verengungen der Nervenbahnen und entsprechenden Ischiasschmerzen.
Ist der Ischiasnerv eingeklemmt klagen die Betroffenen häufig über Begleitsymptome wie Gesäßschmerzen und Schmerzen im hinteren Bereich des Oberschenkels.
Unter Umständen führen ruckartige Drehungen, zu hohe Belastungen, Verkühlungen und Unfallverletzungen ebenfalls zu einer Quetschung des Ischiasnervs und einem Hexenschuss. Wird der Nerv eingeklemmt, bedingt dies in der Regel ein automatisches Anspannen beziehungsweise Verspannen der Rückenmuskulatur.
Schädigungen des Ischiasnervs durch Tumore, die auf das umliegende Gewebe drücken oder Infektionen mit Herpes Zoster-Viren (Erreger der Windpocken und Gürtelrose) können das Auftreten eines Hexenschusses bedingen. Des Weiteren kommt das sogenannte Piriformis-Syndrom (Kompression des Nervus ischiadicus zwischen Beckenknochen und Musculus piriformis) als Ursache für die Beschwerden in Betracht.
Symptome bei Hexenschuss
Typisch für einen Hexenschuss ist der massive, plötzlich einsetzende, ziehende Schmerz im Bereich der Lendenwirbelsäule (auch Lumbalwirbelsäule). Dieser ist in der Regel mit einer deutlichen Bewegungseinschränkung verbunden und kann mit einer Schiefstellung des unteren Rückens und des Beckens einhergehen.
Bei drehenden, bückenden Bewegungen nehmen die Schmerzen deutlich zu. Das Aufrichten aus gebeugter Haltung ist für die Betroffenen oft besonders schmerzhaft. Allgemein sind die Beschwerden bei einem Hexenschuss häufig positionsabhängig. Lokalisiert ist der Hexenschuss meist zwischen dem untersten Lendenwirbel und dem Kreuzbein.
Viele Hexenschusspatienten haben auch beim Sitzen und Liegen erhebliche Schmerzen. Sie wachen nachts vermehrt auf und leiden unter entsprechender Müdigkeit, können im Büro nicht lange sitzen und auch abends auf der Couch nicht wirklich entspannen.
Was tun bei Hexenschuss
Zwar sind die Betroffenen durch einen Hexenschuss im Alltag massiv eingeschränkt, doch glücklicherweise gehen die Beschwerden in der Regel genauso plötzlich wieder vorbei, wie sie gekommen sind. Dies ist allerdings nicht immer der Fall.
Halten die Schmerzen längere Zeit an, strahlen in andere Körperregionen aus oder werden sie von Taubheitsgefühlen und Problemen beim Urinieren beziehungsweise beim Stuhlgang begleitet, sollte dringend eine genauere ärztliche Untersuchung folgen, da unter Umständen schwerwiegendere Erkrankungen Auslöser der Beschwerden sind.
Diagnose
Oftmals sind bei einem Hexenschuss Muskelverhärtungen im Umfeld der Lendenwirbelsäule ertastbar. Die Beschreibung des Beschwerdebildes liefert weitere Hinweise auf die Ursachen der Schmerzen. Auch einige einfache Bewegungsübungen können bei der Eingrenzung der Diagnose helfen. Im Rahmen der Diagnosestellung ist es besonders wichtig, schwerwiegendere Erkrankungen wie einen Bandscheibenvorfall oder gar eine Krebserkrankung als Auslöser der Beschwerden auszuschließen. Dies geschieht im Zweifelsfall mit Hilfe bildgebender Verfahren wie der Computertomographie oder der Magnetresonanztomographie.
Behandlung
Grundsätzlich ist den Betroffenen Ruhe zu empfehlen. Sie sollten ihren Rücken schonen. Ein umfassender Behandlung ist bei einem gewöhnlichen Hexenschuss nicht erforderlich, da die Beschwerden nach wenigen Tagen normalerweise von alleine wieder verschwinden. Allerdings können verschiedene Maßnahmen zur Linderung der Beschwerden beitragen. Dies ist insbesondere bei Patienten geboten, die aufgrund der Schmerzen eine Schonhaltung einnehmen, welche ihrerseits zu weiteren Beeinträchtigungen führen kann.
Erste Hilfe bei Hexenschuss: Beine hochlegen!
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Muskelentspannende, entzündungshemmende und schmerzlindernde Medikamente werden in der Schulmedizin häufig angewandt, um den Hexenschusspatienten einen weitgehend beschwerdefreien Alltag zu ermöglichen. Da Wärme eine entspannende Wirkung auf die Muskulatur zugeschrieben wird, kommen auch Wärmekompressen, Wärmflaschen, Wärmesalben und Anwendung von Rotlicht bei der Behandlung zum Einsatz.
Krankengymnastik und Massagen sind weitere Möglichkeiten zur Lumbago-Therapie. Das Rolfing und die Osteopathie bieten spezielle Ansätze zur manuellen Behandlung. Die Chiropraktik setzt ebenfalls auf eine manuelle Hexenschuss-Behandlung. Weitere Behandlungsoptionen sind Akupunktur und Akupressur.
Liegen dem Hexenschuss schwerwiegendere Erkrankungen zu Grunde, kann trotz der Vielzahl an Behandlungsoptionen unter Umständen nur noch eine Operation helfen. So lässt sich beispielsweise ein Bandscheibenvorfall in der Regel mit Hilfe konventioneller Methoden erfolgreich behandeln, doch bei einigen Betroffenen wird bis heute ein operativer Eingriff erforderlich.
Ist der Hexenschuss nicht durch ernsthafte Erkrankungen bedingt, verschwindet er in der Regel nach wenigen Tagen von alleine, so dass sich die Frage stellt, inwieweit die genannten Behandlungsoptionen überhaupt einen Effekt entfalten können. Oft ist der Hexenschuss bereits wieder verschwunden, bevor ein Termin beim Facharzt frei wird. Die erwähnten Mittel zur äußerlichen Anwendung können jedoch auch unmittelbar nach Einsetzen der Beschwerden in Eigenregie zu Hause angewandt werden.
Hexenschuss und Naturheilkunde
Für die äußerliche Anwendung eignen sich Umschläge mit verdünnter Arnikatinktur und Öle mit Aconitum (Eisenhut) oder Johanniskraut sowie Schwedenbitter und Salben, die Bienengift oder Cayennepfeffer enthalten. Den Extrakten von Brennnesseln, Teufelskralle und Weidenrinde, dem “natürlichen Aspirin”, wird ebenfalls eine vielversprechende Wirkung zugeschrieben. Auch ein Tee auf Basis der genannten Pflanzen, kann dem naturheilkundlichen Behandlungsansatz zufolge zur Linderung der Beschwerden beitragen.
Als physikalische Therapie werden wärmende Anwendungen, z.B. als Rotlichtbestrahlung oder Fangopackung empfohlen. Medizinische Vollbäder wirken besonders, wenn dem Wasser ein Heublumenextrakt beigegeben wird (s.a. Anwendung bei Ischiasschmerzen).
Wohltuendes Heublumen-Bad
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Natürliche Hilfe bei Hexenschuss und Kreuzschmerzen können Warmsteinmassagen (Hot-Stone), Neuraltherapie, Körper- und Ohr-Akupunktur sowie die klassischen Ausleitverfahren wie das Schröpfen und die Baunscheidttherapie bieten. Grundsätzlich ist den Betroffenen zu empfehlen, möglichst wenig zu sitzen. Liegen und Gehen sowie notfalls auch Stehen sind zu bevorzugen. Eine längere Ruhigstellung ist eher negativ zu beurteilen, da hierdurch die Muskulatur abgebaut wird.
Um die Selbstheilung des Organismus zu unterstützen, sollte zeitweise auf salz- und eiweißarme Kost umgestellt werden. Bei guter Verträglichkeit kann auch reine Rohkost die Heilung ankurbeln. Unter Umständen kommt eine Ernährungstherapie in Betracht, die nicht nur zum Ausgleich des Säure-Basen-Haushalts beitragen, sondern allgemein das Immunsystem stärken soll.
Weitere naturheilkundliche Ansatzpunkte zur Hexenschuss-Therapie bieten die Steinheilkunde, die Homöopathie und der Einsatz der Schüssler Salze. Bekannte homöopathische Mittel gegen Beschwerden im Lendenwirbelbereich sind zum Beispiel Arnica, Agaricus Aconitum, Carboneum sulfuricum und Hypericum.
Im Zuge der Mineralstofftherapie mit Schüßler-Salzen finden häufig die Salze Nr. 4 und Nr. 7 Anwendung.(tf, fp, nr;)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale Versorgungsleitlinie Nicht-spezifischer Kreuzschmerz – Langfassung, 2. Auflage, Version 1., 2017, (Abruf 06.09.2019), AWMF
- Jürgen Krämer, Joachim Grifka: Orthopädie, Unfallchirurgie, Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 9. Auflage, 2013
- Hans-Dieter Kempf: Die Neue Rückenschule, Springer Verlag, 2. Auflage, 2014
- Dietmar Wottke: Die große orthopädische Rückenschule, Springer Verlag, 1. Auflage, 2004
- Peter J. Moley: Kreuzschmerzen, MSD Manual, (Abruf 06.09.2019), MSD
- Jan Hildebrandt, Michael Pfingsten: Rückenschmerz und Lendenwirbelsäule, Urban & Fischer Verlag, Elsevier GmbH, 2. Auflage, 2011
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.