Milzschmerzen können unterschiedliche Ursachen haben. Dazu gehören beispielsweise Vergrößerungen des Organs, die sich sowohl in einer Über- als auch in einer Unterfunktion bemerkbar machen können. Darüber hinaus kann die Milz durch Einwirkung von außen reißen. Im Folgenden werden Aufbau und Funktion des Organs sowie die häufigsten Grunderkrankungen als Auslöser von Milzschmerzen beschrieben.
Inhaltsverzeichnis
Die Milz
Die Milz ist ein bohnenförmiges Organ, das unter dem linken Rippenbogen liegt und an Zwerchfell (Diaphragma), Magen und linke Niere grenzt. Aufgrund ihrer Nähe zum Zwerchfell bewegt sie sich bei der Atmung mit. Die durchschnittliche Größe der Milz beträgt 4x7x11 Zentimeter, wobei Größe und Gewicht stark von der Blutfülle und dem Zustand des Organs abhängen. Ihr Gewicht liegt normalerweise zwischen 150 und 200 Gramm. Die Milz gehört zum menschlichen Lymphsystem, welches den meisten medizinische Laien vor allem im Zusammenhang mit einer Lymphknotenschwellung ein Begriff ist.
Da die Milz aus einem sehr weichen Gewebe (Pulpa) besteht, ist sie zum Schutz von einer Kapsel umgeben die ihr Stabilität verleiht. Die Milz ist kein überlebenswichtiges Organ. Wird sie beispielsweise bei einem Unfall verletzt, muss sie häufig aufgrund der starken Blutung entfernt werden. Dann übernehmen andere Organe wie die Leber ihre Funktion. Betroffene leiden dennoch häufig unter einer größeren Infektanfälligkeit.
Funktionen der Milz
Die Milz hat zwei wesentliche Funktionen im Körper: Zum einen fungiert sie als Filter im Blutkreislauf, zum anderen ist sie Teil des Immunsystems und nimmt eine wichtige Rolle bei der Immunabwehr ein. Die beiden Funktionseinheiten sind optisch an der unterschiedlichen Färbung erkennbar. Die Filtereinheit ist stark durchblutet und rot (rote Pulpa). Der für die Immunabwehr zuständige Bereich ist weiß (weiße Pulpa).
In der roten Pulpa der Milz werden ältere rote Blutkörperchen (Erythrozyten), die ungefähr 120 Tage alt sind, aus dem Blutkreislauf herausgefiltert und abgebaut. Junge frische rote Blutkörperchen schlüpfen hingegen durch das engmaschige Gewebe der Milz und stehen dem Blutkreislauf weiterhin zur Verfügung. Eine große Schlagader (Arterie) liefert dafür das Blut an und über eine Vene fließt es wieder ab.
Die Funktion der weißen Pulpa bezieht sich auf das Immunsystem des Körpers. Hier werden weiße Blutkörperchen (Leukozyten), wie auch an einigen anderen Stellen im Körper, gesammelt. Die für die Immunabwehr wichtigen Leukozyten sind die sogenannten Lymphozyten. Sie wehren in der weißen Pulpa der Milz vorbeischwimmende Krankheitserreger ab oder werden nach einiger Zeit wieder in den Blutkreislauf gespült, um dort ebenfalls auf unerwünschte Eindringlinge zu reagieren.
Milzvergrößerung als Ursache
Als Splenomegalie wird die akute oder chronisch vergrößerte Milz bezeichnet. Dabei handelt es sich nicht um eine eigene Krankheit, sondern um einen medizinischen Befund, der auf verschiedene Ursachen hindeuten kann. In der Regel bezieht sich die ursächliche Erkrankung nicht nur auf die Milz.
Häufig liegen Erkrankungen des Blutes wie Leukämie oder Morbus Hodgkin,
ein bösartiger Tumor des Lymphsystems, vor. Zudem können Infektionskrankheiten Auslöser für eine Milzvergrößerung sein. Dazu zählen beispielsweise das Pfeiffer’sche Drüsenfieber oder eine durch Bakterien im Blut verursachte Sepsis.
Rheumatische Erkrankungen wie der systemische Lupus erythematodes können eine Milzvergrößerung auslösen. Da es sich um eine Autoimmunerkrankung handelt, wird körpereigenes Gewebe anstelle von schädlichen Bakterien und Viren vom Immunsystem angegriffen. Dabei entstehen zahlreiche Antikörper, die sich verkleben und an unterschiedlichen Orten im Körper ablagern. Dieser Vorgang kann auch Schäden an Organen wie der Milz verursachen.
Eine weitere Ursache für Schmerzen im Bereich der Milz durch eine Splenomegalie kann ein Blutstau vor der Leber sein. Hier staut sich das Blut bis zur Milz zurück, da es vom Magen-Darm-Trakt nicht durch die Leber abfließen kann. Dies ist unter anderem bei einer Leberzirrhose, Hepatitis (Entzündung der Leber) oder bei einer Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) der Fall. Ebenso können Tumore zu einer Vergrößerung der Milz führen.
Reagiert die Milz auf die Splenomegalie mit einer Überfunktion (Hyperspleniesyndrom), speichert das Organ zu viele rote und weiße Blutkörperchen sowie Blutplättchen und baut gleichzeitig auch zu viele ab, was zu einer Blutarmut führt.
Liegt eine Vergrößerung der Milz vor, kann dies zu Schmerzen im Bereich des Organs führen. Da wie beschrieben in der Regel andere Grunderkrankungen Auslöser für eine Splenomegalie sind, treten auch entsprechende Symptome auf, zu denen beispielsweise Fieber bei Infektionen oder Krebserkrankungen und Gelenkschmerzen bei rheumatischen Grunderkrankungen gehören. Gehen die Schmerzen von der Milz selbst aus, können sie bis in die linke Schulter ausstrahlen.
Milzschmerzen durch Sichelzellenanämie
Die so genannte Sichelzellenanämie ist eine genetisch bedingte Erkrankung, bei der die Struktur des Hämoglobins (roter Blutfarbstoff) verändert ist. Dadurch haben die roten Blutkörperchen eine andere Struktur und ähneln in ihrem Aussehen nicht mehr wie sonst einem runden Schlauchboot, sondern erscheinen sichelförmig. Da die so geformten Blutkörperchen weniger flexibel sind, können sie kleine Gefäße wie in der Milz verstopfen und somit die lebenswichtige Blutzufuhr zu den Organen behindern. Außerdem filtert die Milz diese roten Blutkörperchen vermehrt aus dem Blut und baut sie ab.
Thalassämie als Ursache für Milzschmerzen
Eine weitere mögliche Ursache für Milzschmerzen ist die Thalassämie. Bei dieser handelt es sich um eine erblich bedingte Krankheit, durch welche die Bildung des Hämoglobins auf unterschiedliche Weise gestört ist. Der rote Blutfarbstoff bindet normalerweise den Sauerstoff, um diesen zu transportieren. Bei der Thalassämie ist der Blutfarbstoff verändert und kann den Sauerstoff nicht mehr ausreichend binden.
Die Folge ist eine Minderversorgung mit Sauerstoff in verschiedenen Geweben. Die bekanntesten Beschwerden bei Vorliegen des Krankheitsbildes sind die typischen Anzeichen einer Blutarmut wie chronische Müdigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Herzrasen und allgemein blasse Haut bzw. Gesichtsblässe. Die Betroffenen leiden häufig unter Erschöpfung und Abgeschlagenheit, sind schnell außer Atem und können sich oft nur schwer konzentrieren,
Milzinfarkt
Bei einem Milzinfarkt erleiden Betroffene heftige Bauchschmerzen im Bereich des linken Oberbauches. Mit dem Begriff „Infarkt“ wird grundsätzlich der Untergang von Gewebe durch einen Mangel an Sauerstoff beschrieben. Ursächlich ist eine aktue Durchblutungsstörung.
In den meisten Fällen leiden Patienten im Vorfeld bereits an anderen Krankheiten wie der Leukämie, Blutvergiftung, Endokarditis oder Vorhofflimmern. Ist der Verschluss nicht vollständig, kann der Milzinfarkt auch „stumm“, also ohne Symptome verlaufen. Ein Infarkt an der Milz muss umgehend notfallmedizinisch versorgt werden.
Milzriss als Ursache für Milzschmerzen
Die Milz ist aufgrund ihrer Lage unter dem linken Rippenbogen gut geschützt. Nur bei massiven äußeren Einwirkungen, wie bei einem schweren Unfall oder einem Schlag auf die entsprechende Stelle, kann es zum Reißen der Milz kommen. Bei Rippenbrüchen können die scharfen Kanten der Rippen das Organ verletzen.
Tritt ein Milzriss auf, ist dieser mit einer sehr starken Blutung verbunden, so dass häufig nur die Entfernung der Milz in Frage kommt. Bei kleineren Verletzungen kann in einigen Fällen ein Spezialkleber zum „Flicken“ des Organs eingesetzt werden.
Zu den Symptomen eines Milzrisses (Milzruptur) gehört aufgrund der starken Einblutungen in den Bauchraum ein Mangel an Blut im Kreislauf. Die Bauchdeckenmuskulatur wird bei starken schnellen Einblutungen sehr hart. Handelt es sich um eine langsame Einblutung, treten beim Betroffene unter Umständen zunächst keine Beschwerden auf.
Wird der Blutverlust jedoch so groß, dass es zum starken Abfall des Blutdrucks in den Blutgefäßen kommt, treten Symptome einer Minderdurchblutung auf. Dabei ist das Gehirn besonders anfällig. Es reagiert mit Schwindel, Verwirrtheit, plötzlichen Sehstörungen oder Kopfschmerzen. Sowohl ein schnelles als auch ein langsames Einbluten aus der Milz in den Bauchraum ist für Betroffene lebensbedrohlich und erfordert sofortige medizinische Notfallmaßnahmen.
Entfernung der Milz
Im Akutfall bleibt den Ärzten bei einer verletzten Milz aufgrund der starken Blutung häufig keine andere Möglichkeit, diese operativ zu entfernen (Splenektomie). Das Organ hat keine überlebenswichtige Funktion, dennoch birgt die Splenektomie gewisse Risiken. In erster Linie zählt die langfristig eingeschränkte Infektabwehr dazu, da durch die Milzentfernung ein Organ des Immunsystems fehlt.
Bestimmte Bakterien (z.B. Pneumokokken und Meningokokken) können dabei besonders gefährlich für Patienten werden, indem sie Erkrankungen wie zum Beispiel eine Lungen- oder Hirnhautentzündung, Entzündung der Ohren oder Nasennebenhöhlenentzündung hervorrufen können. Deshalb wird Betroffenen zwei bis drei Wochen vor der Entfernung der Milz zu Impfungen gegen diese Erreger geraten. Die Impfung solle unbedingt alle fünf bis zehn Jahre wiederholt werden.
Bei Kindern wird vor Ende des sechsten Lebensjahres (wenn möglich) von einer Entfernung der Milz abgesehen, da ihr Immunsystem deutlich schwächer als das von Erwachsenen ist. Die Krankheitsverläufe durch die beschrieben Bakterien sind deshalb in der Regel schwerwiegender und gefährlicher.
Anwendungen der Naturheilkunde
In der Naturheilkunde existieren einige Ansätze zum Lindern von Schmerzen an der Milz. So schrieb Hildegard von Bingen: Die Tannencreme bestehend aus Tannenwipfel-Extrakt, Rinden-Extrakt, Maibutter und Salbei kann zu Minderung der Schmerzen auf die betroffene Stelle eingerieben werden.
Die Linderung der Symptome heilt allerdings nicht die dahinter liegende Erkrankung. Aus diesem Grund ist eine eingehende Diagnostik bei einem spezialisierten Facharzt für innere Medizin unverzichtbar. Betroffene sollten bei Vorliegen von Beschwerden einen Arzt konsultieren und die Therapie gemeinsam abstimmen. Die Tannensalbe kann aber durchaus im Rahmen einer medizinischen Betreuung unterstützend eingesetzt werden. (sw, nr)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Carol S. Portlock: Hodgkin-Lymphom (Morbus Hodgkin), MSD Manual, (Abruf 09.09.2019), MSD
- Deutscher Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e.V.: Pfeiffersches Drüsenfieber – Anzeichen und Verlauf, (Abruf 09.09.2019), hno
- Robert Koch-Institut (RKI): Sepsis (Abruf: 09.09.2019), rki
- Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS): S3-Leitlinie Chronische Pankreatitis: Definition, Ätiologie, Diagnostik und konservative, interventionell endoskopische und operative Therapie der chronischen Pankreatitis. Stand August 2012 (in Überprüfung). AWMF-Register Nr. 021/003, (Abruf 09.09.2019), AWMF
- Harry S. Jacob: Vergrößerte Milz, MSD Manual, (Abruf 09.09.2019), MSD
- Evan M. Braunstein: Thalassämien, MSD Manual, (Abruf 09.09.2019), MSD
- Thomas S. Müller, Christoph Sommer: Die traumatische Milzruptur, Therapeutische Umschau (2013), 70, pp. 177-184. (Abruf 09.09.2019), doi
Wichtiger Hinweis:
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