Forscher streiten über die Aussagekraft einer Cannabis-Studie
18.01.2013
Macht Kiffen doch nicht dumm? Nachdem im vergangenen Jahr eine im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) erschienene Studie für Aufsehen gesorgt hatte, der zufolge „exzessiver Cannabis-Konsum im Heranwachsendenalter“ zu Beeinträchtigungen der kognitiven Leistungsfähigkeit und Einbußen des Intelligenzquotienten (IQ) führt, hat jetzt der norwegische Ökonom Ole Rogeberg in der gleichen Fachzeitschrift einen Beitrag veröffentlicht, der die Methodik der ursprünglichen Untersuchung grundsätzlich in Frage stellt.
Rogeberg kommt zu dem Ergebnis, dass die Korrelationen zwischen dem Cannabis-Konsum und IQ-Änderungen in der Kohortenstudie zumindest teilweise auf den schlechteren sozioökonomischen Status der kiffenden Jugendlichen zurückzuführen ist. Demnach wäre der Cannabis-Konsums nicht Ursache des IQ-Verlustes. Die Autoren der ursprünglichen Studie haben laut Ole Rogeberg den kausalen Zusammenhang zwischen dem Intellekt und dem Kiffen wahrscheinlich überschätzt. „Der wahre Effekt könnte Null sein“, so das Fazit des norwegischen Wissenschaftlers.
Exzessiver Cannabis-Konsum bei Jugendlichen schädlich
Nach Veröffentlichung der Studie des Forscherteams um Madeline Meier vom Institut für Psychologie und Neurowissenschaften an der Duke University in Durhamn (USA) Ende Juli 2012 schien es fast so, als hätte die Medienlandschaft nur auf eine solche Nachricht gewartet. „Kiffen macht dumm“, war allseits zu lesen. Auch „Heilpraxisnet.de“ hat über das Thema berichtet, die zugegeben eingängige Schlagzeile jedoch aus gutem Grund mit einem Fragezeichen versehen. In der Originalstudie bezog sich – anders als von den meisten Medien berichtet – die festgestellte Korrelation nicht auf den Cannabis-Konsum allgemein, sondern lediglich auf den exzessiven Cannabis-Konsum bei Jugendlichen. So hatten Heranwachsende, die über einen längeren Zeitraum sehr viel Cannabis konsumierten, zwar einen geringeren IQ, doch erlaubt dies keine Aussage über die Folgen des gelegentlichen Cannabis-Konsums bei Erwachsenen.
Sozioökonomischer Status statt Cannabis entscheidend für IQ-Verlust
Zudem scheint der Einwand des norwegischen Forschers Ole Rogeberg berechtigt, dass hier auch eine Korrelation zwischen dem schlechteren sozioökonomische Status und dem Kiffen einerseits sowie der ungünstigeren kognitiven Entwicklung anderseits zu dem scheinbar kausalen Zusammenhang zwischen dem IQ und dem Cannabis-Konsum geführt haben könnte. Denn zahlreiche Studien belegen, dass der Cannabis-Konsum im Jugendalter eng mit den Lebensumständen verbunden ist, welche ihrerseits einen maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung des Intellekts haben, so Rogeberg. Das soziale Umfeld stehe erwiesenermaßen in direktem Zusammenhang mit der intellektuellen Entwicklung von Kindern. Da die US-Wissenschaftler den Effekt nicht ausreichend berücksichtigt hätten, seien ihre Studienergebnisse zumindest verzerrt, wenn nicht sogar gänzlich unbrauchbar. (fp)
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