Herzstiche sind ein äußerst unangenehmes Beschwerdebild, das viele Betroffene an einen Herzinfarkt denken lässt und entsprechende Todesangst mit sich bringt. Oftmals handelt es sich bei den Herzstichen jedoch um ein anderweitig begründetes Stechen in der Brust. Zum Beispiel können Verspannungen der Muskulatur, Zwerchfellkrämpfe, Speiseröhrenerkrankungen oder Magenschleimhautentzündungen hinter den vermeintlichen Herzschmerzen stecken. Halten die Herzstiche über einen längeren Zeitraum an und werden sie von ausstrahlenden Schmerzen in den Armen, im Oberbauch oder Rücken begleitet, sollte jedoch in jedem Fall ein Notarzt kontaktiert werden, da schlimmstenfalls ein Herzinfarkt Auslöser der Beschwerden sein kann.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Als Herzstiche sind heftige stechende Schmerzen im Brustkorbbereich zu verstehen. Im engeren Sinne bezieht sich die Bezeichnung ausschließlich auf Schmerzen in der unmittelbaren Herzregion, also auf Höhe der zweiten bis fünften Rippe direkt hinter dem Brustbein. Allerdings können die Betroffenen ihre Beschwerden oftmals nicht derart präzise eingrenzen, weshalb der Begriffe Herzstiche umgangssprachlich für ein relativ breites Spektrum der Schmerzen im Brustkorb verwendet wird.
Symptomatik
Herzstechen tritt meist ebenso plötzlich auf, wie es wieder verschwindet. Die Betroffenen empfinden starke Schmerzen, die oftmals bereits nach wenigen Sekunden wieder nachlassen. Halten die Herzstiche längere Zeit (über mehrere Minuten) an, ist dies als möglicher Hinweis auf eine ernstere Grunderkrankung zu bewerten. Es muss allerdings nicht zwangsweise ein Herzinfarkt hinter den Beschwerden stecken.
Sind die Herzstiche regelmäßig unter körperlicher Belastung zu beobachten, liegt jedoch der Verdacht auf eine Herzkrankheit nahe. Allgemein liefern die Begleitsymptome, welche anschließend jeweils im Zusammenhang mit den Auslösern des Stechens eingehender dargestellt werden, wichtige Anhaltspunkte auf die ursächlichen Grunderkrankungen.
Ursachen der Herzstiche
Zahlreiche unterschiedliche Ursachen kommen als Auslöser der Herzstiche in Betracht. Das Spektrum reicht von eher harmlosen Muskelverspannungen und Zwerchfellkrämpfen über Erkrankungen der Speiseröhre und Störungen der Lungenfunktion bis hin zu potentiell lebensbedrohlichen Beeinträchtigungen der Herzfunktion.
Herzkrankheiten
Automatisch denken die meisten Betroffenen bei Herzstechen an eine Herzkrankheit. Nicht ohne Grund, denn zahlreiche Erkrankungen des Herzens werden von einem Stechen im Brustkorb begleitet. Hier sind zum Beispiel die Koronare Herzkrankheit (meist bedingt durch Arterienverkalkung), Herzbeutelentzündung (Perikarditis), Entzündungen der Herzinnenhaut (Endokarditis) und des Herzmuskels (Myokarditis) zu nennen. Herzklappenfehler und Aneurysmen (Arterienerweiterungen) rufen unter Umständen massive Herzstiche hervor. Gleiches gilt für eine allgemeine Herzinsuffizienz (Herzschwäche).
Begleitet wird das unangenehme Stechen bei den Herzkrankheiten oftmals von einem extremen Engegefühl im Brustkorb (Angina pectoris), Herzstolpern beziehungsweise Herzrhythmusstörungen und Herzrasen. Halten die Herzschmerzen länger als 20 Minuten an und werden sie von ausstrahlenden Schmerzen in den Armen, Schulterblattschmerzen, Bauchschmerzen oder Rückenschmerzen sowie Übelkeit, Atemnot und Schweißschüben begleitet, kann dies auf einen Herzinfarkt hinweisen und es sollte umgehend ein Notarzt alarmiert werden.
Herzstiche und weitere Herzbeschwerden können auch ohne feststellbare körperliche Ursache auftreten. Der Fachbegriff lautet in einem solchen Fall “funktionelle Herzbeschwerden“. Diese sind zum Beispiel im Rahmen einer sogenannten Herzneurose (Cardiophobie) zu beobachten, bei der allein die Angst vor einer lebensgefährlichen Herzerkrankung oder einem Herzinfarkt zu funktionellen Störungen des Herz-Kreislauf- und Atemsystems führt. Das wiederum kann Schmerzen im Brustkorb oder Druck auf der Brust mit sich bringen.
Weitere Ursachen des Herzstechens
Unmittelbar hinter dem Herz liegt die Speiseröhre. Ist diese entzündet (Ösophagitis), leiden die Patienten an einem sogenannten Reflux (Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre) oder an einer Achalasie (Bewegungsstörungen der Speiseröhre). In der Folge können ein Brennen in der Brust und Schmerzen auftreten, die von den Betroffenen dem Herz zugeordnet werden. Gleiches gilt in begrenztem Maße für eine Gastritis (Magenschleimhautentzündung).
Weiterhin sind Verspannungen der Muskulatur im Brustkorbbereich als mögliche Ursache für Brustschmerzen zu nennen, welche ihrerseits von vielen Betroffenen als Herzstiche interpretiert werden.
Das sogenannte Tietze-Syndrom beschreibt eine schmerzhafte Schwellung des Brustbeinansatzes der Rippen. Die Schmerzen lassen sich in diesem Fall durch Druck auf die Schwellung auslösen und sind relativ leicht gegenüber den tatsächlichen Herzstichen abgrenzbar, da äußerlich eine Schwellung und Rötung sichtbar wird.
Weitere mögliche Auslöser von Schmerzen im Brustkorbbereich, die als Herzstechen wahrgenommen werden, sind eine Lungenembolie und Störungen der Atemregulation (zum Beispiel Hyperventilation). Sind die Schmerzen im Brustbereich stechend, können diese ein Symptom der sogenannten Interkostalneuralgie sein. Diese Nervenschmerzen entlang der Zwischenrippennerven nehmen in der Regel beim Husten oder Lachen zu und sind meist auf eine Erkrankung der Lunge, des Rippenfells, der Rippen oder der Wirbelsäule zurückzuführen.
Diagnosestellung
In der Regel lassen sich die tatsächlichen Herzstiche im Zuge einer ärztliche Untersuchung relativ schnell gegenüber anderen Formen der Brustschmerzen abgrenzen. Pulsmessungen, Blutdruckmessungen, ein Abhorchen des Brustkorbes und ein bei Verdacht auf Herzinfarkt umgehend eingeleitetes Elektrokardiogramm (EKG) können Aufschluss über möglicherweise vorliegende ernstere Erkrankungen des Herzens liefern.
Obwohl sich bei einem Infarkt im EKG oftmals bereits deutliche Veränderungen der Herzfunktion feststellen lassen, ist hier zur sicheren Diagnose im Zweifelsfall eine Blutuntersuchung erforderlich. Diese kann allerdings erst einige Stunden nach dem tatsächlichen Ereignis durchgeführt werden. Eine sogenannte Echokardiographie (Ultraschalluntersuchung des Herzens) kann bei Herzbeschwerden ebenfalls wichtige Anhaltspunkte zur Diagnosestellung liefern und dient in der Notfallmedizin bei Verdacht auf einen Herzinfarkt oftmals zur Bewertung des Risikos, bis ein eindeutiger Befund vorliegt.
Das Abhorchen des Brustkorbs ermöglicht häufig Rückschlüsse auf vorliegende Erkrankungen der Atemwege. Ergibt sich der Verdacht auf eine Lungenembolie, sind weitere Untersuchungen mit Hilfe moderner bildgebender Verfahren (Computertomographie, Magnetresonanztomographie) vorgesehen. Konnten Erkrankungen des Herzens und der Lunge im Zuge der Diagnosestellung ausgeschlossen werden, erfolgt anschließend oftmals eine Speiseröhren- beziehungsweise Magenspiegelung, um mögliche Ursachen in diesem Bereich zu überprüfen.
Behandlung bei Stechen im Herzbereich
Eine umgehend eingeleitete medizinische Versorgung ist insbesondere bei Verdacht auf einen Herzinfarkt dringend geboten. Je schneller Behandlungsschritte wie die sogenannte Lysetherapie, die PTCA (Perkutane Transluminale Koronarangioplastie) oder eine gegebenenfalls erforderliche Herzoperation eingeleitet werden, desto höher sind die Überlebenschancen der Patienten.
Als Arzneimittel kommen bei einem Herzinfarkt zum Beispiel sogenannte Nitroglycerin-Sprays und Morphinpräparaten (zur Schmerzlinderung) zum Einsatz. Darüber hinaus kann ein breites Spektrum verschiedener Medikamente, die zum Beispiel zur Beruhigung beitragen, den Blutfluss erleichterten und die Schmerzen beheben sollen, abhängig von dem individuellen Beschwerdebild der Infarkt-Patienten Anwendung finden.
Bei einer Lungenembolie bedarf es ebenfalls einer umgehend eingeleiteten medizinischen Versorgung der Patienten. Gegen den zugrundeliegenden Verschluss der Blutgefäße (Thrombus) wird mit Hilfe der Lysetherapie vorgegangen, es kann jedoch auch eine mechanische Zertrümmerung oder operative Beseitigung des Thrombus erfolgen. Die Anschlusstherapie sieht unter anderem eine medikamentöse Behandlung mit Arzneien zur Hemmung der Blutgerinnung vor, um das erneute Auftreten eines Thrombus zu verhindern.
Therapie bei Speiseröhrenentzündung und Gastritis
Speiseröhrenentzündungen und Magenschleimhautentzündungen werden auf medikamentösem Wege meist mit sogenannten Säurehemmern (Antazida) behandelt, wobei gleichzeitig eine Umstellung der Ernährung und der Verzicht auf reizende Substanzen (z.B. Medikamente, Alkohol, Nikotin) vorgesehen sind. Darüber hinaus erfolgt eine Behandlung der eigentlichen Ursache dieser Entzündung. Beispielsweise kann gegen bakteriell bedingte Magenschleimhautentzündung in der Regel erfolgreich mit Antibiotika vorgegangen werden.
Um die angegriffenen Magenschleimhäute auf natürliche Weise zu beruhigen, eignen sich bewährte Hausmittel wie ein frisch aufgebrühter Tee mit wirksamen Heilpflanzen sehr gut. Linderung verschafft zum Beispiel Kamille, da sie entzündungshemmend und stärkend auf die Schleimhäute wirkt. Melisse sorgt für Ruhe und Entspannung und löst Krämpfe. Minze wirkt desinfizierend und sorgt dafür, dass die Schleimhaut weniger empfindlich auf Übelkeit auslösende Reize reagiert.
Tee-Rezept zur Stärkung des Magens
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Eine Speiseröhrenentzündung lässt sich meist durch die Kombination aus medikamentöser Behandlung und Ernährungsumstellung vollständig beheben. In seltenen Fällen können jedoch Komplikationen auftreten, die einen (minimal-invasiven) operativen Eingriff erforderlich machen.
Herzstechen durch Entspannung lindern
Sind Verspannungen der Muskulatur Ursache der Beschwerden bieten Massagen, Krankengymnastik, Akupunktur und die Osteopathie effiziente Therapieansätze, die in den meisten Fällen eine Linderung beziehungsweise ein Abklingen der Symptome bewirken können.
Bei psychisch bedingten Herzbeschwerden wie zum Beispiel einer Herzneurose, sind psychotherapeutische Maßnahmen in Betracht zu ziehen, die den Betroffenen ihre Angst nehmen und damit den selbstverstärkenden Effekt der Cardiophobie unterbinden sollen. Auch das Erlernen von Entspannungstechniken zum Stressabbau (zum Beispiel Autogenes Training oder Progressive Muskelrelaxation) kann hier hilfreich sein.
Letztendlich lassen sich die meisten Ursachen der Herzstiche erfolgreich therapieren und die Beschwerden stellen kein herausragendes Gesundheitsrisiko dar, allerdings ist eine erhöhte Sensibilität aufgrund des möglichen Zusammenhangs mit einer Lungenembolie oder einem Herzinfarkt durchaus angebracht. (fp, nr)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF): Nationale Versorgungsleitlinie Chronische KHK – Langfassung, 5. Auflage. Version 1. 2019. DOI: 10.6101/AZQ/000419. (Abruf 09.09.2019), AWMF
- Berufsverband Deutscher Internisten e.V.: Arteriosklerose (Abruf: 09.09.2019), internisten-im-netz
- Deutsches Herzzentrum München: Erkrankungen des Herzbeutels (Perikarditis) (Abruf: 09.09.2019), dhm
- Uwe Kühl, Heinz-Peter Schultheiss: Myokarditis, Dtsch Arztebl Int 2012; 109(20): 361-8; DOI: 10.3238/arztebl.2012.0361, (Abruf 09.09.2019), aerzteblatt
- National Organization for Rare Disorders (NORD): Tietze Syndrome (Abruf: 09.09.2019), rarediseases.org
- Thomas Lambert, Clemens Steinwender: Kardiovaskuläre Medizin, Trauner Verlag, 1. Auflage, 2019
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.